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Bereit zum Machtkampf. Bundesumweltminister Norbert Röttgen, hier auf einer Pressekonferenz im Juli, will CDU-Landeschef in NRW werden.

© Robert Schlesinger/dpa

CDU-Chef in NRW: Ein Job mit Ausstrahlung

Norbert Röttgen tritt in NRW als CDU-Chef an. In seiner Partei kämpft er zudem mit den Atomfans.

Berlin - Norbert Röttgen muss sehr überzeugt von sich sein – oder sehr verzweifelt. Der Bundesumweltminister, Heimatort Bonn, hat in einem Brief an die CDU-Gremien und die Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen seine Kandidatur um den Landesvorsitz erklärt. Röttgen schreibt: „Dass ich als Landesvorsitzender an der Stelle kandidieren und arbeiten würde, an der die Partei mich haben will, ist für mich so selbstverständlich wie die Bereitschaft, die CDU als Spitzenkandidat in die nächste Landtagswahl zu führen.“ Da in NRW gerade eine rot-grüne Minderheitsregierung amtiert, ist nicht ausgeschlossen, dass er dieses Versprechen schon bald in die Tat umsetzen müsste – sollte er die Wahl um die Nachfolge des abgewählten Ministerpräsidenten und CDU-Landeschefs Jürgen Rüttgers tatsächlich gewinnen.

Denn schon vor zwei Wochen hat der Aachener Armin Laschet seine Kandidatur erklärt. Und der ehemalige Integrationsminister in Düsseldorf war damals nicht alleine. Der Chef der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Josef Laumann, gegen den Laschet bei der Wahl um diesen Posten im Juli nur knapp unterlegen war, und der Generalsekretär der Landespartei, Andreas Krautscheid, traten mit Laschet vor die Presse, um seine „Landeslösung“ zu unterstützen. Im September werden sich die beiden Kandidaten in acht Regionalkonferenzen der Parteibasis präsentieren. Danach dürfte es zu einer Mitgliederbefragung kommen, die Röttgen fordert, und gegen die Laschet auch nichts einzuwenden hat. Erst am 6. November soll auf einem Landesparteitag der neue CDU-Vorsitzende des größten Landesverbands der Partei gewählt werden. Das Ergebnis der Mitgliederbefragung ist dabei nicht verbindlich, dürfte aber respektiert werden.

„Ich freue mich über die Kandidatur, weil wir nun die Auswahl zwischen zwei hervorragenden Bewerbern haben“, sagte der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach, der aus NRW kommt. Und da es zwischen Röttgen und Laschet politisch keine großen Unterschiede gebe, „kann auch niemand behaupten, dass in der CDU in NRW nun ein Richtungsstreit ausbricht“, sagte er dem Tagesspiegel. Beide Politiker gehören zum liberalen Flügel der CDU, beiden wird zugetraut, auch eine schwarz-grüne Koalition einzugehen, wenn sich die Gelegenheit bietet. Bosbach sagt: „Das Entscheidende muss sein, dass sich der neue Landeschef einer 100-prozentigen Unterstützung sicher sein kann.“ Er erwartet ein knappes Wahlergebnis und hofft, dass es im Verlauf des innerparteilichen Wahlkampfs nicht zu einer „Frontstellung“ zwischen den Landes- und Bundespolitikern kommt. Sollte Röttgen gewinnen, erwartet Bosbach nicht nur eine Spitzenkandidatur, sondern, dass er im Fall einer Niederlage bei möglichen Neuwahlen als Oppositionsführer in den Landtag geht. Als Landesvorsitzender müsse er sich „für Düsseldorf entscheiden“. Das hat Laschet bereits getan.

Röttgen riskiert seinen Kopf aber nicht nur in Nordrhein-Westfalen. Er tut das auch in seinem Hauptberuf als Umweltminister. Bis Ende September will das Kabinett ein Energiekonzept bis 2050 beschlossen haben, den ganzen Monat hindurch wird darüber gestritten werden. Auch da kracht es schon jetzt gehörig. Denn nun ist der Streit um die Atomkraft endgültig in der Union angekommen. In der Fraktion ärgern sie sich besonders, dass das nun auch alle Welt weiß. Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der Unions- Bundestagsfraktion sagte dem Tagesspiegel: „Wir erwarten von der Regierung im September ein umfassendes, umsetzbares Konzept mit einer substanziellen Laufzeitverlängerung.“ Pfeiffer kommt aus Baden-Württemberg und hat starkes Interesse daran, Stefan Mappus, der dort Ministerpräsident ist, einen Atomwahlkampf im März 2011 zu ersparen. Mappus hat Röttgen in seinem Zorn über dessen Atompolitik sogar schon zum Rücktritt aufgefordert. Sicher ist, dass Röttgen unterschätzt hat, wie wichtig der Bundestagsfraktion die Atomkraft ist. Als Röttgen in einem Interview süffisant meinte, die Union müsse sich überlegen, ob sie die Atomenergie zum Markenkern ihrer Politik machen wolle, haben einige geschäumt.

Dass die Union mit ihrer Atompolitik in einer Sackgasse gelandet ist, lasten viele Röttgen alleine an. Einige lästern, er verfolge nur noch seine persönliche Reservekanzleragenda. Und die Kandidatur in Nordrhein-Westfalen passe genau dazu. Denn mit der Machtbasis der 160 000 CDU-Mitglieder in NRW im Rücken dürfte Röttgen auch der Posten als stellvertretender CDU-Chef im Bund kaum noch zu verwehren sein. Sollte er beides gewinnen, sagt einer, der vor ein paar Jahren selbst noch ein schwarz-grüner Erneuerer in der CDU war, könne er nur sagen: „Frechheit siegt.“ Doch Röttgen könnte die beiden entscheidenden politischen Auseinandersetzungen seiner Karriere auch verlieren. Dann dürften sich seine Kanzlerträume erledigt haben.

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