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Politik: CDU-Finanzaffäre: Letzte Ausfahrt Wiesbaden - Der Rücktritt von Jung und die Zukunft einer Affäre (Kommentar)

Erst hat Angela Merkel, die Parteivorsitzende, Helmut Kohl gebeten, bei irgendeiner CDU-Veranstaltung zum zehnten Jahrestag der Deutschen Einheit zu sprechen. Und der Spendenschweiger hat Ja gesagt.

Erst hat Angela Merkel, die Parteivorsitzende, Helmut Kohl gebeten, bei irgendeiner CDU-Veranstaltung zum zehnten Jahrestag der Deutschen Einheit zu sprechen. Und der Spendenschweiger hat Ja gesagt. Gestern dann bat ihn der Fraktionschef Friedrich Merz, künftig doch wieder an den Sitzungen der Fraktion teilzunehmen. Und wieder sagte der Mann, von dem die CDU sich emanzipieren will, huldvoll: Ja. Was kommt als nächstes? Wir gehen sicher nicht zu weit, wenn wir Helmut Kohl als Ehrenvorsitzenden in spe bezeichnen.

Auf jeden Fall scheint die Partei fest entschlossen, mit dem großen Schwamm über die Spendenaffäre zu fahren. Vielleicht würde das sogar gelingen, denn auch das Publikum ist müde, und es weiß, dass das Leben krumm ist. Wenn da nicht Hessen wäre: die Affäre, die nicht vergehen will und auch gestern wieder Nachrichten produzierte.

Echte und weniger echte. Die hessische CDU-Generalsekretärin Otti Geschka beklagte sich in den Minuten vor dem Rücktritt des Staatsministers Jung darüber, es würden unablässig falsche oder illegal erworbene Informationen veröffentlicht. Die CDU sei in dieser ganzen Affäre Opfer, nicht Täter. Jung selbst reklamierte bei seinem Rücktritt, er sei völlig unschuldig: Schwarze Unschuldslämmer springen zitternd über hessische Fettwiesen. Was für ein Kitsch.

Warum sollte jemand zurücktreten, der so unschuldig ist? Auf Druck der FDP, behauptete Franz Josef Jung. Nur, warum übt der "faire Koalitionspartner" (Koch) diesen Druck aus? Doch wohl nicht, weil die Liberalen plötzlich ohne jeden Grund Gewissensbisse bekommen hätten. Nein, die FDP hat offenkundig handfeste Gründe dafür, Druck auszuüben. Und dann ist Jung nicht unschuldig. Und dann kann es auch sein Freund Koch nicht sein. Spätestens seit gestern dürfte kaum noch jemand glauben, dass das Kampf- und Karriere-Duo Koch/Jung nicht gewusst hat, was um die beiden herum vorging. Dafür wurde in Hessen zu lange zu viel Geld verschoben, dafür sind die beiden zu macht- und geldbewusst, zu hellwach.

War es also gar nicht die FDP, die Jung zum Rücktritt zwang, sondern Roland Koch, der Ministerpräsident? Es spricht alles für diese Möglichkeit: Sowohl Jung als auch Koch waren Mitwisser der hessischen CDU-Machenschaften. Dann wäre Jung das letzte Bauernopfer von König Koch. Das allerletzte. Seit gestern Nachmittag gibt es zwischen Koch und dem Abgrund nichts und niemanden mehr. Der nächste, der zurücktritt, kann nur noch er selber sein.

Selbstverständlich müsste Koch zurücktreten. Sei es, weil er Mitwisser ist, sei es, weil er das Vertrauen der Wähler verloren hat. Er wird es nicht tun, und darum geht die Affäre weiter.

Koch ist eben der Kohl von Hessen. Das zeigt, wie halluzinatorisch die Versuche der Bundes-CDU sind, die Kohl-Affäre ad acta zu legen. Merkel und Merz tun es auch nicht aus Überzeugung, sondern aus Schwäche. Wieder ein schwarzer Tag für die Union.

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