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CDU-Richtungsstreit: Rüttgers wirbt für großes "C"

Entgegen der Absicht von CDU-Chefin Angela Merkel ist auf dem Parteitag in Dresden die Debatte um den Kurs der Christdemokraten schon zu Beginn voll entbrannt.

Dresden - In der Aussprache nach Merkels Grundsatzrede forderten mehrere Ministerpräsidenten am Montag einen sozialeren Kurs der CDU. "Wir müssen mehr tun für den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft - das sind wir dem 'C' schuldig", sagte Rüttgers. Sein Stuttgarter Kollege Günther Oettinger warb hingegen für einen wirtschaftsliberalen Ansatz. Merkel hatte in ihrer Rede nachdrücklich vor einem Flügelstreit gewarnt. "Wir machen Politik für alle", hob sie hervor. Die CDU-Führungsspitze stand am Nachmittag zur Wahl.

Rüttgers, der den umstrittenen Antrag zur längeren Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I für ältere Erwerbslose eingebracht hatte, trat als erster Redner nach Merkel ans Pult. "Wir brauchen Reformen", sagte er und fügte hinzu: "Aber Dresden kann dafür stehen, dass es dabei gerecht zugeht." Die CDU könne ihr Ziel "40 plus x" bei der nächsten Bundestagswahl nur erreichen, wenn sie alle Wähler anspreche. Den Vorwurf, er wolle einen "Linksruck" der CDU, wies er angesichts der Zustimmung in der Bevölkerung für seine Pläne zurück: "Wenn 80 Prozent das wollen, dann ist das nicht links, sondern Mitte der Gesellschaft." Auch Saarlands Regierungschef Peter Müller sagte, die CDU habe "Nachholbedarf" bei dem Bemühen um soziale Gerechtigkeit.

Merkel warb in ihrer rund einstündigen Rede für Zusammenhalt in der Partei. Mit Blick auf die Richtungsdebatte sagte sie: "Flügel geben Auftrieb, das gelingt aber nur, wenn die Flügel nicht gegeneinander stehen". Die CDU sei "die große Volkspartei der Mitte". "Wirtschaft und Soziales waren bei uns nie Gegensätze", sagte sie. Ihre eigene Haltung beschrieb sie mit dem Satz: "Für mich ist Freiheit der Schlüssel, damit Gerechtigkeit und Solidarität eine Zukunft haben." Dabei machte sie klar, dass sie sowohl den Antrag von Rüttgers wie auch den Antrag Baden-Württembergs unterstütze, der unter anderem eine weitere Lockerung des Kündigungsschutzes vorsieht. Merkel sagte zu den beiden Anträge: "Damit stellen wir klar: Wir machen Politik für alle." Die etwa 1000 Delegierten applaudierten der Parteichefin sechs Minuten lang stehend.

Niedersachsens Regierungschef Christian Wulff wandte sich gegen Populismus. Die CDU dürfe nicht nur sagen, was ankommt. "Wir müssen das sagen, worauf es ankommt." Er kritisierte dabei Rüttgers und wandte sich auch gegen Vorwürfe, der Arbeitnehmerflügel der Union werde nicht ausreichend gehört. Wulff forderte, dass von Dresden ein Signal der Geschlossenheit ausgehen müsse. Er betonte: "Soziale Politik ist Politik, die Beschäftigung schafft." Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Oettinger sagte, wichtig sei es vor allem, Beschäftigung zu schaffen. Die CDU dürfe nicht die Verwaltung von Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt stellen.

Vor der rund zweistündigen Aussprache hatte die CDU-Chefin und Bundeskanzlerin Merkel eine Bilanz der CDU-Politik der vergangenen Jahre gezogen. Dabei verteidigte sie die Politik der kleinen Schritte in der großen Koalition. Zwar sei im ersten Jahr "nicht alles glatt" gelaufen. Dabei nannte sie das Anti-Diskriminierungsgesetz. Doch sei viel erreicht worden. Auch die Erfolge der CDU in den Ländern hob sie hervor. Als entscheidende Zukunftsaufgabe nannte sie die Erneuerung der sozialen Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt.

Mit Spannung wurde am Nachmittag die Wahl der CDU-Führung erwartet. Neben Merkel und ihrem Generalsekretär Ronald Pofalla stand dabei die Wahl der Parteivizes im Mittelpunkt: Rüttgers, Wulff, Hessens Regierungschef Roland Koch und Bundesbildungsministerin Annette Schavan wollten sich der Abstimmung stellen, die auch als ein Gradmesser für die künftige Richtung der CDU gilt. (tso/AFP)

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