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Der Präsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Volker Jung, unterhält sich in Groß-Gerau mit einer iranischen Familie. Jung besuchte die Flüchtlingsfamilie im Kirchenasyl. Das Bild ist im Dezember entstanden.

© Fredrik von Erichsen/dpa

Kirchenasyl: CDU und CSU sollten das C streichen

So wie die Parteien, die sich christlich nennen, zum Kirchenasyl stehen, bringen sie die Kirchen gegen sich auf.

Man muss sich schon wundern über die Parteien, die ein C in ihrem Namen führen, ein C für Christlich. Von wegen christlich! Das zeigen die jüngsten Einlassungen und Auseinandersetzungen führender Unionspolitiker, von denen man das so nie erwartet hätte.

Thomas de Maizière lehnt das Kirchenasyl "fundamental" ab

Nicht nur, dass sich der bayerische Ministerpräsident und Vorsitzende der Christlich-Sozialen Union, der katholische Horst Seehofer, wegen der Asylpolitik mit dem Vorsitzenden der katholischen Deutschen Bischofskonferenz anlegt, dem Münchner Kardinal Reinhard Marx. Jetzt kommt auch noch Bundesinnenminister Thomas de Maizière, ein evangelischer Christ, seit 2003 Mitglied im Präsidium des Evangelischen Kirchentages, und erklärt, als Verfassungsminister lehne er „das Kirchenasyl prinzipiell und fundamental ab“. Bekannt wird das vor seinem Gespräch mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, dem Münchner Bischof Heinrich Bedford-Strohm, und nach einem Gespräch mit den katholischen Bischöfen vergangene Woche in Berlin.

De Maizière: Nicht eigenmächtig über Gesetze hinwegsetzen

Als Christ, sagt de Maizière, habe er zwar Verständnis, dass die Kirchen „in Einzelfällen“ unter dem Gesichtspunkt des Erbarmens Flüchtlinge aufnähmen. Doch es gehe nicht, dass sie sich eigenmächtig über bestehende Gesetze hinwegsetzten. Wie entsetzlich das klingt! So hartherzig und technokratisch. Seehofer wiederum hatte sich zuvor gegen Marx gewandt, weil der die Forderung der CSU nach einer schnelleren Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern zurückweist: „Pauschale Lösungen lehnen wir als Kirchen ab, denn das Asylrecht ist bezogen auf den Einzelnen.“ Viele abgelehnte Asylbewerber könnten nicht einfach in ihre Heimat zurückgeschickt werden, sagt Marx. Worauf Seehofer entgegnet: Es sei „eine Binsenweisheit der christlichen Ethik“, dass Solidarität und Gerechtigkeit zusammenhingen. Aus seiner Sicht werden Flüchtlinge hierzulande und in Europa nicht gerecht verteilt und abgelehnte Asylbewerber bleiben zu lange.

In ganz Deutschland kümmern sich Gemeinden in beeindruckender Weise um Flüchtlinge

War schon der offen ausgesprochene Konflikt zwischen Marx und Seehofer kaum glaublich, übertrifft de Maizières Marschroute das aber noch. Ist es doch genau so, wie Kerstin Griese sagt, die SPD-Kirchenpolitikerin: In ganz Deutschland kümmern sich Gemeindemitglieder in tief beeindruckender Weise um Flüchtlinge. Und Kirchenasyl ist häufig die letzte Möglichkeit, ihnen beizustehen. Griese bekundet Respekt vor allen, die aus christlicher Überzeugung Hilfe anbieten, „auch wenn sie damit in Widerspruch zu staatlichen Entscheidungen geraten“. Das sagt eine Sozialdemokratin Christdemokraten und Christsozialen, die angeblich Politik auf der Grundlage des christlichen Menschenbildes vertreten. „Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind“, sagt Salomo.

Gibt es einen Bereich der Gesellschaftspolitik, in dem die führenden Politiker von CDU und CSU noch dem Ideal des C folgen? So wird die Streichung des „christlich“ aus den Parteinamen eine Frage der Glaubwürdigkeit.

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