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Politik: CDU will Änderung des EU-Vertrages

Antrag für Parteitag im November

Von Robert Birnbaum

Berlin - Im Entwurf des Europaantrags für den CDU-Bundesparteitag im November kommt der Reizbegriff gar nicht vor, doch Hermann Gröhe will wohl sichergehen, dass das auch jeder merkt: Es führe bloß zu „Missverständnissen“, von den „Vereinigten Staaten von Europa“ zu sprechen, sagte der CDU-Generalsekretär der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Der Name Ursula von der Leyen fiel nicht. Die Vize-Parteivorsitzende hat die „Vereinigten Staaten“ als ihren Kampfbegriff in die Europa-Debatte eingeführt. Es wird exklusiv ihr Schlagwort bleiben – Gröhes Interview erschien am Mittwoch pünktlich zur letzten Sitzung der Antragskommission.

Das amerikanische Modell also will die CDU-Spitze nicht als Vorbild für ein künftiges „Mehr“ an Europa nehmen. Dafür taucht ein anderes altbekanntes Modell in dem Antragsentwurf auf, auch wenn es ebenfalls nicht beim Namen genannt wird: Das „Europa der zwei Geschwindigkeiten“. Zwar bekennt sich die selbst ernannte „deutsche Europapartei“ zur langfristigen Einheitlichkeit in der Gemeinschaft. Gleichwohl müssten Mitgliedsstaaten auch schneller voranschreiten dürfen als der Rest – der Schengen-Grenzkontrollvertrag und die Euro-Zone werden als existierende Beispiele genannt, eine Finanztransaktionssteuer als künftiger Anwendungsfall: Wenn sich die Steuer nicht im Europa der 27 einführen lasse, dann müsse die Euro-Zone der 17 eben vorangehen. Dass das nicht unumstritten war in dem Gremium, verrät ein Nachsatz, der erkennbar auf den Börsenplatz Frankfurt zielt: „Die Steuer soll so ausgestaltet sein, dass die Euro- Zone und Deutschland attraktive Finanzplätze bleiben.“

Im Zentrum des Antrags stehen Forderungen nach einer strikten „Stabilitätsunion“ und einem Vertragskonvent, der binnen einem Jahr entsprechende Änderungen am Lissabon-Vertrag ausarbeiten soll. Die CDU verlangt konkret ein Klagerecht gegen Haushaltsverstöße vor dem Europäischen Gerichtshof, will Schuldenbremsen in der Verfassung zur Voraussetzung für die Aufnahme neuer Euro-Mitglieder machen und alle EU-Staaten darauf verpflichten, ab 2020 nicht nur auf neue Schulden zu verzichten, sondern alte abzubauen. Hartnäckigen Schuldensündern soll künftig ein abgestuftes Verfahren mit möglichst automatischen Sanktionen drohen, das im äußerten Fall bis zur Einsetzung eines „EU-Sparkommissars“ und einer planmäßigen Entschuldung gehen soll.

Dem Beschluss der Schwesterpartei CSU vom vergangenen Wochenende, als letztes Mittel auch den Hinauswurf aus der Euro-Zone zu ermöglichen, schließt sich die CDU nicht an. Ohnehin verweist Gröhe darauf, dass es zwischen den C-Parteien Unterschiede „in der Tonlage“ gebe. Die gibt es in der Tat. Der CSU-Antrag liest sich streckenweise wie das Manifest des kleinen Gallierdorfs, das auf Selbstbehauptung besteht. Die CDU denkt da großräumiger. Ihr Europa soll ein Europa der Nationen sein, das freilich intern „nach bundesstaatlichen Prinzipien und Methoden“ arbeite. Robert Birnbaum

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