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Proteste gegen TTIP. Durch die Veröffentlichung geheim gehaltener US-Forderungen hat die Debatte über das Freihandelsabkommen einen neuen Schub bekommen.

© REUTERS

CDU-Wirtschaftspolitiker kritisiert Umgang mit TTIP: "Von Anfang an auf dem falschen Gleis"

Der Ärztepräsident warnt vor einer "McDonaldisierung der Medizin" durch das Freihandelsabkommen TTIP. Und selbst Wirtschaftspolitiker der CDU kritisieren die fehlende Transparenz für die Bürger.

Der Vorsitzende der  Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung in der Union, Carsten Linnemann, hat Kritik am bisherigen Umgang der Regierung mit dem Thema TTIP geübt. „In Sachen Transparenz war das Freihandelsabkommen von Anfang an auf dem falschen Gleis“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. „Statt bloß zu sagen, Freihandel ist wunderbar, müssen wir als Politiker versuchen, die Bürger mit Argumenten zu überzeugen.“

Linnemann reagierte damit auf die Veröffentlichung von bislang unter Verschluss gehaltenen Dokumenten mit US-Forderungen durch die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Die Organisation hatte Washington vorgeworfen, im Interesse amerikanischer Konzerne europäische Umwelt- und Verbraucherschutzstandards aushöhlen zu wollen.

Ärztekammer: Gesundheit ist keine Handelsware

Die Bundesärztekammer zeigte sich schockiert über die bekannt gewordenen Verhandlungsdokumente. Präsident Frank Ulrich Montgomery forderte die europäischen Verhandlungsführer am Dienstag dazu auf, „mit sofortiger Wirkung alle Gesundheitsdienstleistungen, -standards und -leitlinien aus den TTIP-Verhandlungen zu streichen“. „Gesundheit ist keine Handelsware“, sagte Montgomery. Diesen Grundsatz dürfe die Politik auch nicht für einen Tauschhandel opfern, forderte der Ärztepräsident. „Eine McDonaldisierung der Medizin als Trade Off für mehr Autoexporte ist inakzeptabel." Das Patientenwohl stehe an erster Stelle. "Dafür müssen die europäischen Verhandlungsführer einstehen.“

Fraktionsvize der Union sieht "latenten Antiamerikanismus"

Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Michael Fuchs, dagegen forderte „endlich ein klares Bekenntnis der großen schweigenden Mehrheit der Deutschen“ für TTIP. „Wenn jeder immer nur in roten Linien denkt, schaffen wir keine  vernünftige Verhandlungsatmosphäre“, sagte Fuchs dem Tagesspiegel. Dazu geführt, „dass die vermeintliche öffentliche Meinung gegen TTIP weht“, habe „vor allem  ein latenter Antiamerikanismus, angefacht durch Nichtregierungsorganisationen“, so der CDU-Politiker. TTIP sei „enorm wichtig für Deutschland“, die deutsche Wirtschaft werde dadurch im globalen Wettbewerb gestärkt. Gleichzeitig sei zu erwarten, dass der Abschluss des Abkommen die Verbraucherpreise sinken lasse.

Der Umweltorganisation Greenpeace warf der für Wirtschaft zuständige Fraktionsvize "gezielte Angstmacherei“ vor. Die geleakten Dokumente enthielten "inhaltlich nichts Neues", sagte Fuchs. Dass die USA und die EU unterschiedliche wirtschaftliche Interessen hätten, sei keine Überraschung. Die Verhandlungspositionen der USA und der EU bezüglich der Automobil- und Agrarindustrie etwa seien schwierig. "Doch bin ich mir sicher, dass am Ende ein tragfähiger Kompromiss mit hohen Verbrauchschutzstandards auf beiden Seiten des Atlantiks herauskommen wird."

EU-Ausschussvorsitzender: Die Amerikaner bewegen sich "null komma null"

Der Vorsitzende des Handelsausschusses im Europaparlament, Bernd Lange, zweifelt unterdessen am Zustandekommen des Freihandelsabkommens mit den USA. „Obwohl wir jetzt drei Jahre miteinander reden, stehen immer noch die Maximalpositionen gegenüber", sagte er im rbb-Inforadio. Die Amerikaner bewegten sich "null komma null“.

Es gebe eine Reihe ungelöster Fragen wie die gegenseitige Anerkennung von Standards, Arbeitnehmerrechte, geistiges Eigentum, sagte Lange. Deshalb sei es "rein zeitlich dieses Jahr gar nicht mehr möglich, ein vernünftiges Ergebnis hinzukriegen.“ Über die amerikanische Blockadehaltung sei breite Frustration zu spüren.

Die EU und die USA verhandeln seit Mitte 2013 über eine „Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft“ (TTIP). Ziel ist es, Zölle und andere Hürden für Investitionen abzubauen, damit der Handel zwischen den beiden Wirtschafts-Supermächten EU und USA mit 800 Millionen Verbrauchern stärker floriert. Europaweit gibt es massive Proteste gegen das Abkommen, besonders in Deutschland.

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