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Politik: Cebit 2002: Auf halber Strecke

In den kommenden acht Tagen werden die Hightech-Pilger wieder zur Cebit nach Hannover reisen. Dort werden sie neue Trends suchen, Computer ausprobieren und nach dem Handy der neuesten Mobilfunkgeneration fahnden.

In den kommenden acht Tagen werden die Hightech-Pilger wieder zur Cebit nach Hannover reisen. Dort werden sie neue Trends suchen, Computer ausprobieren und nach dem Handy der neuesten Mobilfunkgeneration fahnden. Und sie werden versuchen herauszufinden, was von der New Economy übrig geblieben ist. Erstmals seit Jahren nehmen weniger Unternehmen an der Cebit teil als im Vorjahr, die Ausstellungsfläche schrumpft. Viele Firmen aus den USA sagten ihre Teilnahme erst in den letzten Tagen ab. Sie sparen. Und da ist selbst das Geld für die Teilnahme an der größten Computermesse der Welt zu viel.

Der Branche geht es schlecht. Nach zwei Boomjahren bescherte die Konjunkturkrise und der weit gehende Zusammenbruch der New Economy der Computer- und Telekombranche ein katastrophales Jahr 2001. Viele Unternehmen verschwanden vom Markt, einige wurden übernommen, nur wenige kaufen jetzt noch zu. Die Firmen hoffen verzweifelt auf den Konjunkturaufschwung, den die Wirtschaftsexperten für die zweite Jahreshälfte voraussagen. Dann nämlich könnten die Unternehmen wieder mehr in Computertechnik investieren, die Preise würden sich erholen und die Unternehmen könnten den Kreislauf aus Sparprogrammen, Gewinnwarnungen, Entlassungen und neuen Sparprogrammen überwinden. Und auch die Verbraucher würden im Vertrauen auf einen Aufschwung wieder mehr Geld für Hightech-Spielzeuge ausgeben. Doch bis dahin werden noch ein paar Monate vergehen, auch wenn die Preise für Computer-Chips jetzt schon wieder anziehen. Monate, die für viele dieser Unternehmen zum Schicksal werden können.

Es ist paradox. Der Branche geht es schlecht wie nie, doch die neuen Techniken haben sich im letzten Jahr in Deutschland endgültig durchgesetzt: Über 70 Prozent der Deutschen besitzen inzwischen ein Handy. Mit dem Internet, das fast 40 Prozent der Bevölkerung nutzen, ist der Computer ein selbstverständliches Haushaltsgerät geworden. Mehr noch: Quer durch alle Generationen und Bevölkerungsschichten ist die Furcht vor dem Internet-Zeitalter verschwunden, obwohl das Netz unser Leben stärker verändert hat, als wir es uns vorstellen konnten.

Fast jede Organisation hat ihre Webseiten, die Behörden erleichtern im so genannten E-Government Behördengänge, Unternehmen haben ihre Prozesse auf das neue Medium umgestellt. Schon jetzt versenden die Deutschen mehr E-Mails als Briefe, sie kaufen unbefangen im Internet ein, kaum noch jemand, der nicht mindestens einen elektronischen Preisvergleich macht, bevor er Auto oder Waschmaschine kauft. Sicher: Auch in Zukunft wird man ohne Internet leben können, genauso wie ohne Handy oder Fernseher. Wer die neue Technik aber nicht beherrscht, verschließt sich der neuen Entwicklung und läuft Gefahr, im Berufsleben zurückzufallen. Volkswagen zum Beispiel will arbeitslose und schlecht qualifizierte Bewerber für sein neues Werk in Wolfsburg einstellen. Der Weg in das Projekt 5000 mal 5000 aber führt über das Netz. Nur im Internet werden Bewerbungen angenommen und die Vorauswahl getroffen.

Die Bundesregierung will den Anteil der Internetnutzer bis zum Jahr 2005 auf 70 Prozent der Bevölkerung steigern. Auch dann werden also immer noch rund ein Drittel der Menschen keinen Internetzugang haben. Es ist also noch viel zu tun auf dem Weg zur Informationsgesellschaft: für Schulen, Arbeitsämter oder Unternehmen. Denn im internationalen Vergleich dümpelt Deutschland bei der Nutzung neuer Technologien immer noch im unteren Mittelfeld.

Maurice Shahd

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