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Politik: Chaotischer Auftakt der Friedensgespräche für Kongo

Zu Beginn der dritten Verhandlungswoche im Milosevic-Prozess hat sich das Gericht in den Haag zum ersten Mal mit dem Massaker von Izbica im Kosovo beschäftigt. Ajmane Behramaji, eine Albanerin aus der Ortschaft, berichtete mehrere Stunden lang, wie serbische Polizei- und Militäreinheiten Izbica umzingelten und den Ort systematisch niederbrannten.

Zu Beginn der dritten Verhandlungswoche im Milosevic-Prozess hat sich das Gericht in den Haag zum ersten Mal mit dem Massaker von Izbica im Kosovo beschäftigt. Ajmane Behramaji, eine Albanerin aus der Ortschaft, berichtete mehrere Stunden lang, wie serbische Polizei- und Militäreinheiten Izbica umzingelten und den Ort systematisch niederbrannten. Danach trieben sie 30 000 Menschen aus der Umgebung zusammen und schickten sie auf einen Vertreibungsmarsch nach Albanien. Männer wurden von ihren Familien getrennt und am Wegrand erschossen. Während des mehrere Tagen dauernden Marsches wurde die Flüchtlingskolonne von serbischen Einheiten unter Granatfeuer genommen. Ajmane wurde von ihren fünf Kindern getrennt. Ihr sechs Monate altes Baby starb während des Marsches an Unterernährung.

Milosevic, der der Aussage ungerührt folgte, äußerte zu Beginn seines Kreuzverhöres erstmals Bedauern: "Es tut mir Leid, daß sie ihr Baby verloren haben." Seine Taktik, die Zeugen vor allem über Übergriffe der UCK und die Folgen der NATO-Luftangriffe auszufragen, prallt immer mehr am Unwillen der Zeugen ab, die erklären, darüber nichts zu wissen. Am Morgen hatte Milosevic versucht, dem albanischen Gynäkologen Agron Berisha einzureden, er sei freiwillig aus dem Kosovo nach Albanien ausgewandert. Die albanische Bevölkerung sei wegen der Bombenangriffe geflohen, nicht wegen des serbischen Terrors. "Aber nein", blieb Berisha hart, dessen Heimatdorf fast völlig von serbischen Einheiten zerstört wurde, "wir waren überzeugt, daß die NATO-Bomben uns Freiheit bringen würden."

Milosevic warf der Anklage vor, die Zeugenaussagen zu manipulieren. Die Aussage von Frau Behramaji sei aus der Dokumentation einer Menschenrechtsorganisation kopiert. Tatsächlich decken sich ihre Aussagen mit anderen Berichten von Izbica-Überlebenden. Auch Berisha ist von Vertretern von Human Rights Watch nach seiner Vertreibung nach Albanien befragt worden. In Izbica wurden ca. 150 Menschen ermordet.

Milosevic versucht, die Glaubwüdigkeit der Zeugen dadurch zu erschüttern, daß er sie mit Behauptungen über UCK-Aktionen und NATO-Luftangriffen konfrontiert, von denen die Zeugen angeben, nichts zu wissen, obwohl das auf den ersten Anschein hin unwahrscheinlich erscheint. So wies er einen Bauer aus Landovica, der die mutwillige Zerstörung des Nachbardorfes Piran beschrieb, darauf hin, die Tankstelle von Piran sei zur gleichen Zeit von der NATO bombardiert worden. Doch zur fraglichen Zeit, am 25. März, dem zweiten Tag der Luftangriffe, war die NATO noch damit beschäftigt, die serbische Luftverteidigung um die großen Städte auszuschalten. Ein NATO-Sprecher sah sich auf Anfrage unserer Zeitung nicht in der Lage, den genauen Verlauf der Angriffe zu rekonstruieren. Öffentlich zugängliche NATO-Dokumente über die Luftangriffe bestätigen, daß 1999 die Tankstelle von Piran angegriffen wurde - allerdings erst über einen Monat später. Eine Sprecherin der Anklage in den Haag wollte nicht ausschließen, daß der Angeklagte die Zeugen auch mit erfundenen Sachverhalten konfrontiere. Die Anklage sei aber nicht imstande, dies jedesmal aufzudecken. Der vorsitzende Richter scheint es zumindest zu ahnen. Als Milosevic Berisha mit der angeblichen Bombardierung eines Wohnblocks in Suha Reka konfrontierte, frage May nach: "Wann genau war dieses angebliche Bombardement?" "Oh, ich weiß nicht mehr", wich Milosevic aus.

Milosevic beantragte erneut seine Freilassung, da es ihm in der Haft nicht moglich sei, sich effektiv zu verteidigen. Man habe ihm am Vortag das Telefon abgestellt. Richter May sage zu, das Telefon werde wieder eingeschaltet.

Klaus Bachmann

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