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Politik: Cher Ami

In Evian haben Bush und Schröder miteinander gesprochen – sie konnten nicht anders

Nicht gerade um die ganze Welt ging dieses eine Bild, aber wenigstens doch durch alle deutschen Blätter und über alle deutschen Fernsehschirme: wie sich George W. Bush und Gerhard Schröder beim G-8-Gipfel die Hände schüttelten und anschließend auf der Terrasse des Hotel Royal in Evian-les-Bains sogar ein wenig miteinander ins Gespräch gekommen sind. Eben noch hatte der Bundeskanzler mit seiner Frau telefoniert, dann aber sein Handy an den französischen Staatspräsidenten Chirac, der mit seinem US-Kollegen vertraut beisammen stand, weitergereicht. So sei das nun einmal, wird Schröder am späten Montagabend sagen: Die Kanzlergattin spreche gern und regelmäßig mit Chirac, allerdings auch, natürlich, mit dem Besitzer dieses Handys, Gerhard Schröder selbst. Der französische Präsident und Gastgeber des Weltwirtschaftsgipfels jedenfalls ging, als er mit Doris Schröder-Köpf auf englisch telefoniert, so weit beiseite, dass Bush und Schröder plötzlich ganz auf sich zurück geworfen waren und ein kleines Stückchen Zeit miteinander verbringen konnten.

Das war mehr, sehr viel mehr als in den vergangenen Monaten – aber den meisten Beobachtern immer noch zu wenig, um endlich eine Normalisierung der deutsch-amerikanischen Beziehungen ausmachen zu können. Der Kanzler wiederum, von den ständigen Nachfragen zu seinem Verhältnis mit dem amerikanischen Präsidenten außerordentlich genervt, findet es richtig absurd, aus der „Länge und Dauer von Händedrücken“ Rückschlüsse auf die Realtemperatur der Eiszeit zwischen Berlin und Washington zu ziehen: „Gehen Sie davon aus, dass der deutsche Bundeskanzler und der amerikanische Präsident (…) ihre Verantwortung kennen und professionell genug arbeiten, um sie wahrzunehmen.“

Dass es einstweilen zu keinem ausführlichen Gespräch zwischen den beiden komme, habe nichts zu bedeuten. Weil aber, auch dies ein ständiges Kanzlerwort, der enge persönliche Gesprächskontakt zu Blair, Chirac und Wladimir Putin immer wieder als Beweis für hervorragende Beziehungen angeführt wird, kann die Sprachlosigkeit zwischen Schröder und Bush dann doch nicht ganz bedeutungslos sein. Immerhin: Hinter den geschlossenen Türen des G 8-Gipfels haben sie es miteinander ausgehalten. Bush verließ nicht den Saal, als Schröder sprach.

Peter Siebenmorgen

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