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Unter Kontrolle: In Peking laufen seit Tagen die Vorbereitungen für den Parteitag – Sicherheitskräfte sind allgegenwärtig. Foto: Marc Ralston/AFP

© AFP

China: Die Enkel von Mao und Deng

Chinas KP bestimmt die neue Führung – Xi Jinping als Parteichef markiert einen Generationswechsel.

Nur wenige Stunden nach der Siegesrede des alten und neuen US-Präsidenten mussten rund 600 internationale und chinesische Journalisten im dritten Stock der Großen Halle des Volkes am Tiananmenplatz in Peking ein Kontrastprogramm über sich ergehen lassen. In einer live im chinesischen Fernsehen übertragenen Pressekonferenz las Cai Mingzhao, Sprecher des 18. Parteitags der Kommunistischen Partei, rund eine Stunde lang vorbereitete Eröffnungsbemerkungen vom Papier ab. Mit überflüssigen Fakten oder für Nicht-China-Experten unverständlichen politischen Parolen wie dem „Gedanken des Dreifachen Vertretens“ oder Präsident Hu Jintaos „Wissenschaftlichen Perspektiven der Entwicklung“. Einige Journalisten schliefen ein, andere spielten mit ihren Handys, wieder andere verließen bei den offenbar ebenfalls vorbereiteten Fragen vorzeitig den Raum.

Willkommen beim wichtigsten politischen Ereignis der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Nur alle fünf Jahre finden Parteitage der Kommunistischen Partei statt. Der am Donnerstag beginnende 18. Parteitag ist deshalb noch wichtiger, weil an seinem Ende – am Mittwoch nächster Woche – die politische Führung der nächsten zehn Jahre vorgestellt wird. Parteichef Hu Jintao muss nach seiner auf zehn Jahre beschränkten Amtszeit abtreten, und alles deutet darauf hin, dass ihm Vizepräsident Xi Jinping als Generalsekretär der Kommunistischen Partei nachfolgen wird. „Genosse Xi Jinping“ sei beim Vorbereitungstreffen zum Generalsekretär des Parteitags bestimmt worden, ließ Sprecher Cai wissen. Im März beim Volkskongress wird der neue Parteichef dann auch als neuer Präsident bestätigt werden. Der 59 Jahre alte Xi Jinping wird der erste chinesische Staatschef sein, der nicht von Mao Zedong oder Deng Xiaoping ausgewählt worden ist. Ungewiss ist noch, ob Hu Jintao auch noch den Vorsitz der Militärkommission an seinen Nachfolger abgeben wird, dessen Machtposition dadurch erheblich gestärkt wäre.

Der Parteitag ist das Plenum der Kommunistischen Partei, die fast exakt so viele Menschen zählt wie die Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland: 82 Millionen. 98 Prozent von ihnen hätten an Wahlen teilgenommen, um die 2270 Delegierten für den Parteitag auszuwählen, behauptete Parteitagssprecher Cai Mingzhao. Zwei von ihnen sind bereits tot, die Übrigen werden ab Donnerstag wichtige politische und personelle Entscheidungen treffen. Sie werden aus einer vorbereiteten Liste die 370 festen und die wechselnden Mitglieder des neuen Zentralkomitees wählen. Diese Liste wird etwas mehr als 370 Namen umfassen, was die Kommunistische Partei „innerparteiliche Demokratie“ nennt.

Das neue Zentralkomitee wird unmittelbar nach dem Ende des Parteitags erstmals zusammentreffen und das neue 25-köpfige Politbüro wählen, ebenfalls aus einer von der Parteielite vorbereiteten Liste. Nach dem Ende der Sitzung des Zentralkomitees wird auch der neue Ständige Ausschuss des Politbüros bekannt gegeben. Dieses ist Chinas kollektive Führung, mit der das politische System die Lehren aus den Exzessen Maos zog. Ein Einzelner sollte nicht mehr eine umfassende Machtfülle erhalten. Dieser innere Machtzirkel der Partei hatte zuletzt aus neun Mitgliedern bestanden, doch dürfte er nun auf sieben Mitglieder verkleinert werden, um Entscheidungen zu erleichtern.

Es fehlt dem Parteitag allerdings an Transparenz. Öffentlich werden nur die Eröffnungsrede Hu Jintaos und die Abschlussveranstaltung der Vollversammlung übertragen. Viele Entscheidungen aber fallen hinter geschlossenen Türen in einzelnen Gruppen.

Wie es um die Demokratie in China wirklich bestellt ist, ist am besten vor den Türen der Großen Halle des Volkes zu beobachten. Der Tiananmenplatz darf nicht betreten werden, ein riesiges Polizeiaufgebot besetzt in der Stadt alle strategischen Plätze, Brücken und Straßen. Mehr als tausend Dissidenten sind nach Angaben von Menschenrechtsgruppen in Haft oder in ihre Heimatprovinzen zurückgeschickt worden, das Internet lädt in der gesamten Stadt extrem langsam. Laut der „New York Times“ hat eine Polizeiabteilung in der Provinz den 18. Parteitag sogar als „Kriegszustand“ bezeichnet.

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