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Chrobog-Entführung: Warten auf die Freilassung

Die im Jemen entführte Familie Chrobog ist noch nicht frei. Grund für den weiter andauernden Nervenkrieg sind offenbar Unstimmigkeiten unter den Geiselnehmern.

Sanaa/Berlin - In letzter Minute verhinderten interne Unstimmigkeiten bei den Entführern die Umsetzung einer Vereinbarung mit der jemenitischen Regierung über die Freilassung des früheren Staatssekretärs Jürgen Chrobog, seiner Frau und seiner drei Söhne.

Noch am frühen Freitagabend hatte ein Regierungsvertreter in der Hauptstadt Sanaa erklärt, man erwarte die Freilassung in Kürze. Das Auswärtige Amt in Berlin machte auch am späten Abend zum Stand der Verhandlungen keine Angaben.

Scheichs des Stammes der Entführer versuchten am späten Freitagabend weiter, einige der Geiselnehmer zu überzeugen, einer Vereinbarung mit der Regierung zuzustimmen. Einige der jüngeren Männer verlangten, dass vor der Freilassung der Chrobogs fünf Angehörige eines rivalisierenden Stammes festgenommen würden, erklärten Stammesmitglieder am späten Freitagabend der dpa in Sanaa.

Bereits kurz vor 19.00 Uhr deutscher Zeit hatte ein jemenitischer Regierungsvertreter gesagt: «Eine Gruppe der Stammesführer ist jetzt bei den Geiseln und wir erwarten, dass sie in wenigen Minuten freigelassen werden.» Trotz der Verzögerung zeigten sich Regierungs- und Stammesvertreter weiter optimistisch, dass die Geiseln bald freikämen. Gleichzeitig wiesen sie Berichte zurück, die Verhandlungsführer sollten gegen Chrobog und seine Familie ausgetauscht werden. Chrobog, seine Frau und seine drei Kinder befinden sich seit Mittwoch in der Hand der Entführer.

Nach der Vereinbarung haben die Behörden den Angaben zufolge lediglich zugesichert, die Verhaftung von Mitgliedern eines mit dem Clan der Entführer rivalisierenden Stammes intensiv zu betreiben. Diese sollen dann zusammen mit inhaftierten Angehörigen der Kidnapper einem Armeegeneral übergeben werden, der eine seit zwölf Jahren währende Blutfehde zwischen den beiden Stämmen schlichten soll.

Jemens Präsident Ali Abdullah Salah hatte der Bundesregierung zuvor zugesagt, dass die Sicherheit der Chrobogs bei den Verhandlungen um die Freilassung oberste Priorität habe. In einer Botschaft an Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) erklärte er nach Angaben des Auswärtigen Amtes am Freitagnachmittag, dass mit dem Ziel der baldigen Freilassung verhandelt werde.

Die Verhandlungen über die Freilassung hatte sich zuvor zur Nervenprobe entwickelt. Steinmeier bat die Regierung in Sanaa dringend um eine schnelle und gewaltfreie Lösung. Das AA setzte seit Donnerstag auf eine Freilassung bis Samstagabend. Mehrfach tagte der Krisenstab in Berlin.

Kurz nach der Entführung am Mittwoch rund 460 Kilometer östlich der Hauptstadt Sanaa hatten tausende Sicherheitskräfte die Al-Said-Region weiträumig abgeriegelt. In der Nacht zum Freitag zogen sie den Ring um den Ort enger. Später ließ die jemenitischen Regierung Militärhubschrauber über den Aufenthaltsort der Geiseln fliegen, offensichtlich um die Entführer einzuschüchtern. Einer der Entführer drohte laut «Yemen Observer» mit der Verschleppung der Geiseln an einen anderen Ort, falls sich Sicherheitskräfte nicht zurückhielten. Den Freitag bezeichnete er als «letzten Verhandlungstag».

Präsident Salah hatte den stellvertretenden Innenminister zu den Verhandlungen mit den Geiselnehmern entsandt und angeordnet, ständig über den Stand der Dinge auf dem Laufenden gehalten zu werden. Der Verteidigungsminister war auch involviert. Das Parlament in Sanaa verurteilte die Geiselnahme. Beides wurde als äußerst seltene Schritte bei Entführungen von Ausländern in dem südarabischen Land gewertet.

Die Entführer sind Mitglieder des Stammes der Abdallah. Sie verlangten zunächst die Freilassung von fünf Stammesangehörigen, die im Gefängnis sitzen. Als Kompromiss schlugen sie dann vor, dass fünf Mitglieder des rivalisierenden Stammes der Al-Riad ebenfalls inhaftiert werden, um einen fairen Prozess für beide Parteien zu gewährleisten. (tso/dpa)

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