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Nach zehn Jahren an der Grünen-Spitze will sich Claudia Roth zurückziehen.

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Grüne nach der Wahl: Claudia Roth bestätigt Rückzug vom Parteivorsitz

Nach mehr als zehn Jahren an der Spitze der Grünen verabschiedet sich Claudia Roth. Am Dienstag bestätigte sie, dass sie im Herbst nicht erneut als Vorsitzende antreten wird. Doch sie will weiter aktiv bleiben und strebt ein neues Amt an.

Von Matthias Meisner

Vergangene Woche, kurz vor der Wahl, hat Claudia Roth einen Aufsatz auf ihre Homepage gestellt. "Ein jeder kehrt vor seiner Tür", hieß es darin. "Und wir Grüne, wir tun genau das: schonungslos, offen und bis an die eigenen Schmerzgrenzen und manchmal weit darüber hinaus". Das war damals bezogen auf die Pädophilie-Debatte, die der Partei in der Schlussphase des Wahlkampfes schwer zu schaffen machte. Jetzt, nach der schweren Wahlniederlage, hat Roth, die mehr als zehn Jahre an der Spitze der Öko-Partei stand, eine Entscheidung getroffen, die ihr gewiss nicht leicht fällt. Sie wird auf dem nächsten Parteitag im Herbst nicht mehr für das Amt der Vorsitzenden kandidieren. Doch sie will weiter aktiv bleiben.

Am Montag vor der Presse hatte Roth ihre Entscheidung nur angedeutet. Zunächst wolle sie, sagte sie dort noch sich der Partei und der neuen Fraktion erklären. Bei einem Treffen von Bundestagsabgeordneten des linken Flügels am Montagabend offenbarte sich Roth dann - und kündigte zugleich ihre Absicht an, sich um das Amt der Bundestagsvizepräsidentin zu bewerben. Das ist seit 2005 die Thüringerin Katrin Göring-Eckardt, die als eine der beiden Spitzenkandidaten - neben Jürgen Trittin - gleichfalls für das schlechte Abschneiden am Sonntag mitverantwortlich gemacht wird. Das sich seit Sonntag schnell drehende Personalkarussell der Grünen bekommt so nun weiteren Schwung.

Claudia Roths Co-Chef Cem Özdemir will im Amt bleiben

Am Dienstag bestätigte Roth im ARD-Morgenmagazin, sie werde „nicht mehr antreten für die Wahl des Bundesvorstands“. Der Grünen-Bundesvorstand werde sich „in Gänze einer Neuwahl“ stellen, um eine „Neuausrichtung“ der Partei zu ermöglichen. Als eine mögliche Nachfolgerin als Vorsitzende gilt in der Partei die ehemalige saarländische Umweltministerin Simone Peter. Die Vizechefin der Grünen-Fraktion im Saar-Landtag hatte dies allerdings als Spekulation bezeichnet: Roths Co-Chef Cem Özdemir will im Amt bleiben. Er sehe seine Rolle "weiter an der Spitze der Partei", sagte er.

Reinhard Bütikofer: Vorstand geht mit gutem Beispiel voran

Der Europaparlamentarier und ehemalige Bundesvorsitzende Reinhard Bütikofer forderte in der „Süddeutschen Zeitung“ weitergehende personelle Konsequenzen: „Der Bundesvorstand geht mit gutem Beispiel voran, aber die Hauptverantwortung lag bei anderen“, sagte er in Anspielung auch auf den Fraktionsvorsitzenden Trittin. In der Fraktion hatte Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck den Verzicht auf sein Amt angekündigt, er will sich der Fachpolitik zuwenden. Bütikofer reicht das nicht: „Auch in der Fraktion muss es einen Führungswechsel geben.“

Bütikofer kritisierte auch die Strategie der Grünen: „Das Wahlziel einer rot-grünen Regierung war richtig. Aber statt das Motto ,getrennt marschieren, gemeinsam regieren' zu beherzigen, haben sich SPD und Grüne so fest aneinandergeklammert, dass es zu einer asymmetrischen Selbstfesselung der Grünen geführt hat.“

Als mögliche neue Fraktionsvorsitzende werden die Freiburger Abgeordnete Andreae vom Realo-Flügel sowie der Bayer Anton Hofreiter vom linken Flügel genannt. Aber auch Göring-Eckardt - durch den Anspruchs Roth auf das Amt der Parlamentsvizepräsidentin zusätzlich unter Druck - hat offenbar Ambitionen. Hofreiter hatte noch am Sonntagabend eine mögliche Kandidatur nicht ausgeschlossen. Dem Tagesspiegel sagte er: "Wir entscheiden alles gemeinsam. Das wird man dann sehen, wer von der Mehrheit für geeignet und richtig angesehen wird."

Claudia Roth hatte im Herbst ihre größte Niederlage

Roth hatte im vergangenen Herbst eine der schwersten Niederlagen ihrer Karriere einstecken müssen - bei der Urwahl des Grünen-Spitzenduos für die Bundestagswahl erhielt die 58-jährige nur 26 Prozent und dachte danach an
Rücktritt. Doch dann wurde sie von der Partei gedrängt, weiterzumachen - und erhielt auf einem Parteitag in Hannover 88,5 Prozent nach 79,3 Prozent zwei Jahre zuvor. Sie ist in der Geschichte der Grünen die Vorsitzende mit der längsten Amtszeit. (mit AFP/dpa)

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