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Politik: Computer für die Kleinsten

Von Claudia von Salzen Angela Merkel war schon dort, und natürlich ist auch Edelgard Bulmahn hingefahren: Bildungsreisen nach Finnland sind bei deutschen Politikern in Mode, spätestens seit der Pisa-Studie. Aber keineswegs alle wollen sich dort wie die Forschungsministerin das Bildungssystem erklären lassen: Die CDUChefin machte im vergangenen Jahr gar eine „Internet-Reise“ nach Finnland.

Von Claudia von Salzen

Angela Merkel war schon dort, und natürlich ist auch Edelgard Bulmahn hingefahren: Bildungsreisen nach Finnland sind bei deutschen Politikern in Mode, spätestens seit der Pisa-Studie. Aber keineswegs alle wollen sich dort wie die Forschungsministerin das Bildungssystem erklären lassen: Die CDUChefin machte im vergangenen Jahr gar eine „Internet-Reise“ nach Finnland. Schließlich seien die Finnen im Bereich der mobilen Kommunikation und der Internetnutzung Vorreiter.

Im internationalen Vergleich haben die Finnen inzwischen ein Zeugnis voller Einsen: In der Pisa-Studie belegten sie den Spitzenplatz. Bei der Wettbewerbsfähigkeit liegt Finnland nach Angaben des Weltwirtschaftsforums ebenso auf dem ersten Platz wie bei der Nachhaltigkeit. Die Vereinten Nationen stuften Finnland im vergangenen Jahr als technologisch fortschrittlichstes Land der Welt ein. Tatsächlich haben in kaum einem anderen Staat mehr Menschen einen Computer, einen Zugang zum Internet oder ein Handy. Das Land im hohen Norden, das noch vor 30 Jahren von der Forstwirtschaft geprägt war, gilt heute als Musterland der Komunikationstechnologie. Zugleich entwickelte sich aus einer Firma, die früher vor allem für ihre Kabel, Fernseher oder Gummistiefel bekannt war, der IT-Weltkonzern Nokia. Der Rest ist Legende.

Nokias Aufstieg in den Weltmarkt wäre indes kaum denkbar gewesen, wenn nicht die Finnen selbst die neue Technik mit großer Offenheit aufgenommen hätten. Als es in Deutschland noch als verpönt galt, auf der Straße oder in der U-Bahn mit dem Handy zu telefonieren, gehörte das „kännykkä“, wie die Finnen ihr Mobiltelefon nennen, in Helsinki selbstverständlich zum Alltag. Seit 1998 gibt es in Finnland bereits mehr Mobiltelefone als Festnetzanschlüsse.

Die Regierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Paavo Lipponen schrieb in ihrem Regierungsprogramm die Informationsgesellschaft als nationales Ziel fest. Wissen und Expertise müssten eine Schlüsselrolle in der Wirtschaft spielen und zugleich Teil der Kultur sein. Die Fünf-Parteien-Koalition suchte ihr Versprechen durch die Förderung von Firmengründungen und vor allem durch Investitionen in Bildung und Forschung einzulösen: In den vergangenen Jahren gaben die Finnen im Schnitt sechs Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Bildung aus - deutlich mehr als im OECD-Durchschnitt. Hinzu kommen noch einmal rund drei Prozent für Forschung und Entwicklung.

Schon im Klassenraum der Kleinsten werden heute Computer selbstverständlich als Arbeitsmittel eingesetzt. Schließlich sollten alle Bürger gleichermaßen an der Informationsgesellschaft teilhaben, so das ehrgeizige Ziel der finnischen Regierung. Der frühere Präsident Martti Ahtisaari forderte denn auch, die Tradition des nordischen Wohlfahrtsstaates in das neue Gesellschaftskonzept einzubeziehen. Soziologen warnen unterdessen davor, dass sich die Einkommensunterschiede in der Gesellschaft immer weiter öffnen. Nach dem kurzen Frühling der New Economy gab es in Finnland mehr Millionäre als je zuvor. Gleichzeitig ist die Arbeitslosenquote zwar seit Ende der schweren Rezession der 90er Jahre gesunken, liegt aber immer noch bei 9 Prozent. Und wenn es bei Nokia kriselt, bekommt dies indirekt fast die ganze Wirtschaft des Landes zu spüren.

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