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CSU-Führungsstreit: Stoiber in der Warteschleife

Trotz immensen Drucks auf Edmund Stoiber zeichnet sich weiter keine Lösung in der CSU-Krise um die Zukunft des bayerischen Ministerpräsidenten ab. In Wildbad Kreuth konnte sich die CSU nicht einigen.

Kreuth - Bei der stundenlangen Krisensitzung der rund 120-köpfigen CSU-Landtagsfraktion in Wildbad Kreuth gingen die Meinungen über eine Spitzenkandidatur des CSU-Chefs bei der Landtagswahl 2008 weit auseinander. Während einige Parteifreunde nach Teilnehmerangaben Stoiber zum Rückzug rieten, stellten sich andere hinter den bedrängten Regierungschef. Auch sei vorgeschlagen worden, dass die Fraktionsspitze gemeinsam mit Stoiber "in Ruhe" eine Lösung ausarbeite, in welcher Formation man in die Wahl 2008 ziehe. Es habe "keine Putschstimmung" gegen Stoiber geherrscht.

Die Spitze der Landtags-CSU drängte Stoiber zunächst zu einem raschen Rückzug. Stoiber warb anschließend bei der Sitzung mit der gesamten Fraktion jedoch weiterhin dafür, dass ein Parteitag im September über seine Spitzenkandidatur entscheidet. Der CSU-Chef und die Fraktion wollten sich nach Angaben von Fraktionschef Joachim Herrmann auf einen "Grundkonsens" einigen. Herrmann dementierte einen Machtkampf. Viele Abgeordnete hatten zuvor aus Sorge vor weiterem Schaden für die CSU eine rasche Lösung gefordert.

"Es ist deutlich geworden, dass viele von Stoiber erwarten, dass er zum richtigen Zeitpunkt den Weg für die Erneuerung freimacht", hatte Herrmann am Mittag zunächst am Rande der Klausur gesagt. Stoiber hielt dagegen Teilnehmern zufolge eine sehr emotionale halbstündige Rede vor den rund 120 Abgeordneten und warb erneut für seine Spitzenkandidatur bei 2008. Wirtschaftsminister Erwin Huber sagte am Rande der Sitzung, Stoiber habe seine Worte bekräftigt: "Ich will, aber ich muss nicht". Herrmann hatte vorher betont, der CSU-Chef selbst habe die Tür damit "einen Spalt breit" geöffnet. "Eine so aufgeregte Diskussion wie in den vergangenen Wochen können wir nicht noch ein Dreivierteljahr führen." Es gehe um die Zukunft Bayerns und der CSU, "dem haben sich alle anderen Ambitionen und Interessen unterzuordnen."

Die Krisensitzung der Fraktion verlief nach den Worten Herrmanns in einem "sehr guten Klima", es sei "kein böses Wort gefallen". Mit "dramatischen Entscheidungen" sei nicht zu rechnen. Andere Teilnehmer sagten, die Debatte verlaufe sehr kontrovers, aber sachlich. Huber widersprach einem Bericht, Stoiber sei eine zweiwöchige Gnadenfrist bis zum Rücktritt eingeräumt worden: "Ein Ultimatum hat bisher keiner gestellt." Huber betonte, eine deutliche Mehrheit sei dafür, die Gemeinsamkeit mit Stoiber für die zukünftige Arbeit herauszustellen.

"Entscheidung muss her"

Der CSU-Abgeordnete Jürgen Vocke verlangte: "Eine Entscheidung muss her. So oder so. Egal in welche Richtung. Aber eine Entscheidung muss her." Andere Abgeordnete verwiesen auf die schlechte Stimmung an der Basis. "Ich bin der Meinung, dass das, was passiert, ein Drama ist und enormen Schaden verursacht", sagte Justizministerin Beate Merk. Der als aussichtsreicher Nachfolgekandidat geltende Innenminister Günther Beckstein ließ offen, ob er Stoiber im Ministerpräsidentenamt folgen wolle: "Ich bin ja leider nicht mehr ganz jung", sagte er in Dresden. Einige Abgeordnete forderten vor der Sitzung offen den Wechsel: "Mein Favorit ist Innenminister Günther Beckstein", sagte der fränkische Abgeordnete Günther Babel. Manche plädierten auch für Herrmann. Andere äußerten am Rande Unterstützung für den CSU-Chef.

Der Fraktionsvorstand verurteilte Berichte über eine angebliche Liebesaffäre von Parteivize Horst Seehofer, der als Favorit für die Nachfolge Stoibers als CSU-Chef gilt. "Das Privatleben von Parteifreunden ist für uns Tabu", sagte Hermann. Die "Bild"-Zeitung hatte am Montag geschrieben, der verheiratete Minister habe in Berlin eine Affäre mit einer 32-Jährigen. Am Dienstag berichtete das Blatt, die vermeintliche Geliebte erwarte ein Kind von Seehofer. Die Zeitung beruft sich dabei auf "zuverlässige" Quellen. Details nannte sie nicht. Eine Stellungnahme von Seehofer war nicht zu erhalten.

Auch CDU drängt auf Lösung

Unterdessen beschäftigt die Führungskrise der CSU auch die Schwesterpartei CDU und die große Koalition in Berlin. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Norbert Röttgen (CDU), äußerte die Erwartung, dass die CSU bald zu einem Ergebnis kommen werde und "klar Schiff" mache. SPD-Parteichef Kurt Beck klagte: "So etwas erschwert einfach die Arbeit." Die Berliner Koalition sei jedoch nicht in Frage gestellt. Neben der SPD erwägen auch die bayerischen Landtags-Grünen einen Volksentscheid über vorgezogene Neuwahlen im Freistaat. (tso/dpa)

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