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CSU: Glos versucht zurückzutreten

Wirtschaftsminister Michael Glos bringt die Regierung in Turbulenzen: Er bietet CSU-Chef Horst Seehofer einen Amtsverzicht an und informiert auch Kanzlerin Merkel. Als Grund nennt der 64-Jährige sein Alter. Doch Seehofer lehnt das Rücktrittsgesuch ab.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat die Bundesregierung mit einem überraschenden Rücktrittsangebot in Turbulenzen gestürzt. An CSU-Chef Horst Seehofer schrieb er, es gehöre zur Glaubwürdigkeit, schon vor einer Wahl die später handelnden Personen zu kennen. Er werde 65 und wolle dem Kabinett deshalb nach der Bundestagswahl am 28. September nicht mehr angehören. "Ich bitte dich, mich von meinen Ministerpflichten zu entbinden." Seehofer erklärte am Abend, er werde "dieser Bitte nicht entsprechen". Ob der Minister dennoch im Amt bleibt, war am Abend unklar.

Eine Reaktion aus dem Kanzleramt gab es zunächst nicht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte Glos am Samstag zwar über den Vorgang unterrichtet. Ein Rücktrittsgesuch hatte er allerdings nicht an sie gerichtet. Merkel habe bei ihrem Telefonat mit Glos erklärt, sie habe kein Interesse an seinem Rücktritt, hieß es.

"Er kam nie recht zum Zug"

Die CSU besetzt in der schwarz-roten Bundesregierung zwei Ministerämter - das für Wirtschaft und das für Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Glos ist seit 2005 der erste CSU-Bundeswirtschaftsminister überhaupt. Nach längerem Zögern hatte zuvor der damalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber den Wechsel nach Berlin abgelehnt. Glos gilt als Vertreter einer konservativen Wirtschaftspolitik, wegen seines wenig engagierten Auftretens stand er zeitweise unter heftiger Kritik. Zum Hintergrund für sein Rücktrittsgesuch hieß es in Berlin, Glos habe sich zuletzt von Seehofer immer wieder in seiner Amtsführung kritisiert gefühlt. Am Freitag hatte dann der "Donaukurier" aus Seehofers Heimatstadt Ingolstadt unter Berufung auf Seehofers Umgebung berichtet, der Parteichef wolle den 53-jährigen Unternehmer und CSU-Schatzmeister Thomas Bauer als seinen Statthalter nach Berlin schicken. Bauer wolle dafür aber ein Amt von Gewicht.

Ein langjähriger Weggefährte von Glos zeigte sich im Gespräch mit dem Tagesspiegel nur vom Zeitpunkt von Glos' Brief überrascht: "Das stinkt ihm schon lange. Er kam nie recht zum Zug." Er sei mit der Kanzlerin nicht zurecht gekommen und auch unter Seehofer habe er es "nicht einfach gehabt". Die Wirtschaft bedauerte Glos' Wunsch: Er habe "in der Wirtschaftskrise besonnen agiert", sagte Metallarbeitgeberpräsident Martin Kannegießer, auch wenn er selbst sich "bisweilen die ordnungspolitische Stimme etwas kräftiger" wünsche. Der Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie (BDI) Hans-Peter Keitel sagte, ginge Glos, verlöre die deutsche Wirtschaft einen "verlässlichen und kompetenten Gesprächspartner", der wegen seiner "enormen politischen Erfahrung, seinem Hintergrund als Unternehmer und seiner persönlichen Integrität" die Wirtschaft in der Politik überzeugend vertrete.

"Es ist für Deutschland ein trauriges Signal, dass der letzte Ordnungspolitiker die Regierung verlassen will", sagte FDP-Vizechef Rainer Brüderle. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast dagegen forderte Glos' sofortige Entlassung. Deutschland brauche einen Wirtschaftsminister, der mit Energie arbeite, statt an seinem Amt zu leiden. Linken-Fraktionsvize Bodo Ramelow sagte, Glos' Rücktrittsangebot sei "das Dynamischste in seiner ganzen Amtsführung seit 2005 gewesen. Seine neoliberal geprägte Wirtschaftspolitik ist eine der Ursachen dafür, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise Deutschland besonders hart trifft". (Mit heja/m.m.)

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