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"Historisch": Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) vor dem Treffen von CDU und CSU zur Jamaika-Koalition.

© Maurizio Gambarini/dpa

Update

Junge Union Bayern: CSU-Nachwuchs fordert Seehofers Rückzug

Mit der Jungen Union stellt sich der erste große Parteiverband der CSU öffentlich gegen den Vorsitzenden Seehofer. Der will sich erst nach der Jamaika-Sondierung äußern.

Die bayerische Junge Union (JU) stellt sich offen gegen CSU-Chef Horst Seehofer und fordert einen Rückzug des 68-Jährigen spätestens im kommenden Jahr. Ein Antrag, in dem mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst 2018 ein „personeller Neuanfang“ gefordert wird, wurde von einer Landesversammlung des CSU-Nachwuchses am Samstag in Erlangen mit deutlicher Mehrheit angenommen.

„Für einen Erfolg bei der Landtagswahl im kommenden Jahr braucht es einen glaubwürdigen personellen Neuanfang“, heißt es in dem Antrag der Jungen Union wörtlich. Und weiter: „Bei allen Verdiensten, die sich Horst Seehofer zweifellos in vielen Jahrzehnten für die CSU, Bayern und Deutschland erworben hat, muss er jetzt den Weg bahnen für einen geordneten Übergang an der Spitze der Staatsregierung.“ Seehofer steht seit dem CSU-Fiasko bei der Bundestagswahl intern unter Druck.

Mehrere CSU-Bezirksvorstände forderten bereits jeweils mit großer Mehrheit einen „geordneten“ personellen Übergang. Das waren allerdings interne Sitzungen. Die JU-Versammlung ist das erste große Gremium, das sich öffentlich gegen Seehofer stellt. Offiziell, unter anderem vom CSU-Vorstand, war die Personaldebatte angesichts der laufenden Jamaika-Gespräche in Berlin vertagt worden. Das entscheidende Datum ist spätestens der Parteitag im Dezember.

Seehofer will sich ungeachtet der Forderung der Jungen Union nach einem personellen Neuanfang nicht unter Zeitdruck setzen lassen. „Wir haben in der Führung der CSU unter Beteiligung des JU-Vorsitzenden entschieden, dass wir während dieser Sondierungsgespräche keine Personaldebatten führen. Ich halte mich daran“, sagte Seehofer am Samstag nach neuen unionsinternen Jamaika-Beratungen in Berlin.

Er habe seit der Bundestagswahl dazu nichts gesagt, „obwohl beinahe täglich gegen mich Stellungnahmen abgegeben wurden“, sagte er und betonte: „Wenn die Sondierungen abgeschlossen sind, werde ich mich dazu äußern.“

Bayerns Finanzminister Markus Söder zollte dem Parteinachwuchs Respekt. „Es gibt immer mal wieder in der Geschichte der Union Landesversammlungen, an denen wird man nicht vorbeigehen können. Die haben eine Wirkung“, sagte Söder am Samstagabend bei dem JU-Treffen in Erlangen. "Ich weiß, sowas fällt nicht leicht, und das muss man auch in Ruhe machen. Aber ich möchte euch wirklich sagen: Ich habe großen Respekt davor, was ihr für Verantwortung zeigt, welchen Mut ihr habt, was ihr euch traut“, sagte Söder. „Das ist eine Landesversammlung, und es ist eine Junge Union, die zeigt Rückgrat in der Partei. Meinen Respekt davor, toll gemacht.“

Söder gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Seehofer, mindestens im Ministerpräsidentenamt. Er sprach am Samstagabend nur kurz bei der JU. Am Sonntag will er dort eine längere Rede halten.

Seehofer: "Ich bin hier in historisch bedeutsamen Verhandlungen"

Seehofer hätte eigentlich am Samstag bei der JU-Landesversammlung sprechen sollen - er hat aber am Freitag kurzfristig abgesagt. Er entschuldigte dies am Samstag mit den Jamaika-Gesprächen. „Wissen Sie, ich bin hier in historisch bedeutsamen Verhandlungen“, sagte er vor dem unionsinternen Treffen in Berlin. „Da darf kein Fehler passieren. Da muss man sich sehr vorbereiten.“ Auf die Frage, ob er nicht am Sonntag zum CSU-Nachwuchs nach Erlangen hätte fahren können, sagte er: „Am Sonntagvormittag haben sie ja einen Redner, den ich nicht verdrängen möchte - Sie kennen den Namen.“ Am Sonntag wird in Erlangen Bayerns Finanzminister Markus Söder als Redner erwartet. Er gilt als aussichtsreichster Kandidat für die Seehofer-Nachfolge.

Dafür versuchte am Samstag CSU-Vizechef Manfred Weber den Aufstand der Jungen Union zu dämpfen. Der beim Nachwuchs beliebte Europa-Abgeordnete bat als Gastredner darum, Seehofer in den Sondierungen über eine künftige Bundesregierung den Rücken freizuhalten. Eine Durchsetzung von CSU-Positionen in einer Koalition im Bund sei wesentlich für das Abschneiden der Partei bei der Landtagswahl im kommenden Jahr. "Die Glaubwürdigkeitsfrage wird heute in diesen Gesprächen entschieden", sagte Weber. Der Erfolg der CSU hänge auch von ihrem Gestaltungsanspruch im Bund und in Europa ab.

Partei-Vize Weber: Personaldebatte erst nach Jamaika-Sondierung

Weber sagte, eine Personaldiskussion in der Partei solle es erst nach dem Ende der Sondierungsgespräche in Berlin geben. Weber bekräftigte unter großem Applaus der rund 300 Delegierten Forderungen der CSU nach einer Kontrolle der Zuwanderung und einer Stärkung der Dieseltechnologie in der deutschen Autoindustrie.

In der darauffolgenden Debatte nannten mehrere Redner Weber als Wunschnachfolger Seehofers als Ministerpräsident und erhielten dafür Beifall. Die CSU, die bei der Bundestagswahl mit 38,8 Prozent der Stimmen in Bayern ihr schwächstes Wahlergebnis seit fast 60 Jahren eingefahren hat, will bei der Landtagwahl im kommenden Jahr ihre absolute Mehrheit verteidigen. Bereits Mitte Dezember 2017 stehen turnusmäßig Vorstandswahlen an. (dpa, Reuters)

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