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CSU: Nur im Notfall über Los

Der CSU-Parteitag wählt einen neuen Vorsitzenden – kaum jemand zweifelt daran, dass Erwin Huber gewinnen wird.

Von Robert Birnbaum

Berlin - Wenn es gar nicht anders geht, wird der nächste CSU-Chef ausgelost. Die Parteisatzung ist da ganz eindeutig: Ein Vorsitzender benötigt zur Wahl die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen, in einer eventuell nötigen Stichwahl mindestens die einfache Mehrheit über seinen Konkurrenten, „bei Stimmengleichheit entscheidet das Los“. Es wäre vielleicht das passende Ende für das bizarrste Dreivierteljahr der Parteigeschichte. Und CSU-Parteitage sind für Überraschungen gut. Aber, sagt ein CSUler voraus, die Überraschung beim 72. Parteitag der Christlich-Sozialen Union wird darin bestehen, „dass es keine Überraschung gibt“: Edmund Stoiber kriegt einen großen Abschied, Günther Beckstein eine Empfehlung als künftiger Ministerpräsident, Erwin Huber wird Parteichef, Horst Seehofer zum Trost wieder bester Stellvertreter, und Gabriele Pauli hat sich erledigt.

Dieser Prognose würde im Ernst niemand widersprechen, höchstens vielleicht Pauli, bei der man nie weiß. Trotzdem hat der CSU-Vorstand am Montag noch mal haarklein alles festgelegt, um jeden Anschein zu vermeiden, dass der Parteitag einer höheren Regie folge. So kommt auf jeden Fall schon mal das Los ins Spiel: Die Reihenfolge, in der die drei Bewerber in je 15 Minuten ihr Programm vorstellen sollen, wird ausgeknobelt. Außerdem hat Beckstein versprochen, dass er keine Wahlempfehlung abgibt (jeder weiß ohnehin, dass er für Huber ist) und hat obendrein die Delegierten gemahnt, gegen Pauli nicht ausfallend zu werden. Ausgebuht, sagen alle voraus, wird die Ex-Landrätin trotzdem. „Wer der CSU mit einer Ehe auf Zeit kommt, kann nicht erwarten, dass die Basis dazu schweigt“, stellt ein Bundestagsabgeordneter fest.

Am absehbaren Ergebnis ändern dürfte das Verfahren nichts. Selbst Horst Seehofer glaubt ja so recht nicht mehr daran, dass er mit einer fulminanten Rede den Parteitag auf seine Seite ziehen kann. Vorsorglich lässt der Agrarminister seit Wochen wissen, er bleibe auch bei einer Niederlage im Boot.

Tatsächlich war Seehofer immer bewusst, dass er als Außenseiter in das Rennen ging. Was Huber, der Ex-Generalsekretär und Wirtschaftsminister, an bundespolitischer Prominenz fehlt, macht der Niederbayer durch Vernetzung in Bayern wett. Als Seehofer Kritikern seiner Eheaffäre mit „Material“ winkte, wandten sich selbst Wohlmeinende ab: Zu genau passte die ungeschickte Plauderei mit einem Journalisten in das Bild vom unberechenbaren Polit-Solisten, das Seehofer im Funktionärskader der Partei so viel Sympathien kostet.

Seither ist auch die Parole verstummt, der Erwin müsse gewählt werden, der Horst dürfe aber nicht völlig untergehen. „Die CSU braucht einen starken Vorsitzenden“ heißt die neue Losung im Pro-Huber-Lager vor dem Parteitag. In nicht mal einem halben Jahr, am 2. März, muss sich das neue Spitzenteam schon in der Kommunalwahl bewähren. Nach Stoiber-Wirren, Kreuther Putsch und einem Vierteljahr Warten auf den Wechsel ist das wenig Zeit zur Profilierung.

Immerhin ist der Wechsel jetzt perfekt. Und schön wird der Abschied werden. Auf so was verstehen sie sich in Bayern. Weshalb auch niemand widersprochen hat, als Stoiber darauf pochte, dass er sich in seinem München verabschiedet und nicht am eigentlich geplanten Parteitagsort Nürnberg, Becksteins Heimat. Geburtstag hat er obendrein am Freitag, den 66. Angela Merkel wird die Geburtstags-, Würdigungs- und Abschiedsrede halten auf den Mann, der 2002 fast ihr Schicksal geworden wäre. Und schön wird die Rede! Stoiber war für die CDU- Chefin und Kanzlerin ja nie bequem – aber am Ende doch stets kalkulierbar.

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