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Zehntausende Anhänger Assads versammelten sich in Damaskus zu einer Kundgebung.

© AFP

Damaskus: Syrische Regierung tritt zurück

Unter dem Druck der Protestbewegung ist die syrische Regierung zurücktreten. Staatschef Baschar al Assad nahm den Rücktritt des Kabinetts von Ministerpräsident Nadschi Otri an. In der Region wächst die Sorge vor religiös motivierter Gewalt.

Nach tagelangen Protesten der Opposition in Syrien ist die Regierung des Landes zurückgetreten. Präsident Baschar al-Assad nahm das Gesuch an. Bis zur Bildung einer neuen Regierung bleibt das alte Kabinett jedoch im Amt. Zehntausende Menschen versammelten sich am Dienstag in mehreren Städten, um ihre Unterstützung für Assad zum Ausdruck zu bringen. Die Führung des Landes kündigte eine Rede des seit elf Jahren regierenden Präsidenten binnen 48 Stunden an. Es wurde spekuliert, dass Assad den seit 1963 geltenden Ausnahmezustand aufheben und damit eine Hauptforderung der Opposition erfüllen könnte. Die USA und Frankreich mahnten Reformen an.

Ob der Rücktritt der Regierung der Opposition reicht, blieb fraglich. Die Regierung hat nur wenig Befugnisse in Syrien, wo die Macht in der Hand des Präsidenten konzentriert ist. Forderten die Demonstranten zunächst nur größerer politische Freiheiten, wurde angesichts des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte zuletzt auch zunehmend der Sturz der Staatsspitze verlangt. Bei Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten vor allem im Süden des Landes wurden bislang mindestens 60 Menschen getötet. Mit ihren Protesten schlossen sich die Demonstranten einer Entwicklung an, die in Ägypten und Tunesien bereits zum Sturz der dortigen Führungen sorgte.

Zehntausende Syrer demonstrierten am Dienstag für Assad. Das Staatsfernsehen zeigte Bilder von Kundgebungen in der Hauptstadt Damaskus sowie in Aleppo und Hasaka. Die Demonstranten trugen Bilder des 45-jährigen Staatschefs und wiederholten auf Spruchbändern die Vorwürfe der Führung, die Proteste seien vom Ausland und von Kriminellen gesteuert. “Mit unserem Blut und unseren Seelen werden wir unsere nationale Einheit verteidigen“, war auf Spruchbändern zu lesen.

Mit Ausnahme staatlich organisierter Kundgebungen sind in Syrien alle Demonstrationen verboten. Sie seien zu Aufmärschen für Assad aufgefordert worden, berichteten Angestellte und Mitglieder von Gewerkschaften, die von der regierenden Baath-Partei kontrolliert werden. Journalisten arbeiten in Syrien unter Beschränkungen. So verwies die Regierung in den vergangenen Tagen drei Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters des Landes.

In Deraa, einem Zentrum der Proteste, gingen am Dienstag wieder rund 200 Menschen auf die Straße. Sie riefen “Gott, Syrien und Freiheit“. In Deraa wohnen vor allem Angehörige der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit. Viele von ihnen sehen mit Argwohn auf den Wohlstand, den die Minderheit der Alawiten erreicht hat, zu denen Assad gehört. Auch in der religiös gemischten Hafenstadt Latakia kam es wiederholt zu gewaltsamen Zusammenstößen. Die Regierung hat erklärt, es gebe Kräfte, die Syrien zum Schauplatz eines religiösen Konflikts machen wollten.

Vizepräsident Faruk al-Schara kündigte eine Rede des Präsidenten an, die das Volk beruhigen werde. Vergangene Woche hatte Assad erklärt, er werde die seit Jahrzehnten geltenden Notstandsgesetze überprüfen. Außerdem stellte er mehr politische Freiheiten wie die Pressefreiheit sowie eine Verbesserung des Lebensstandards in Aussicht.

Das US-Außenministerium kritisierte Assad. Dieser gebe sich seit über einem Jahrzehnt als Reformer, habe aber keine Fortschritte erzielt, sagte ein Sprecher. Der französische Außenminister Alain Juppe sagte, die syrische Führung müsse in einen Dialog mit dem Volk treten. Es sei aber nicht die Zeit, um Sanktionen oder eine UN-Resolution zu erwägen.

Im Jemen setzte die Opposition ihre Protestaktionen gegen den langjährigen Präsidenten Ali Abdullah Saleh fort. Sie beharrte auf dem sofortigen Rücktritt des Staatschefs, der das ärmste Land der arabischen Halbinsel seit 32 Jahren autoritär regiert. Handelsminister Hisham Scharaf Abdalla berichtete in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters von Hamsterkäufen, was zu einem Anstieg der Preise für Grundnahrungsmittel um bis zu 15 Prozent geführt habe. Weizen sei sogar um mehr als 15 Prozent teurer geworden. Die Menschen fürchteten für den Fall von Unruhen oder eines Bürgerkriegs um ihre Versorgung und kauften zu jedem geforderten Preis die Läden leer. (rtr/AFP)

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