zum Hauptinhalt

Politik: „Das ist nicht akzeptabel“

Staatssekretär Chrobog über offene Briefe von Botschaftern und den Ruf Deutschlands in der Welt

Beamte des Auswärtigen Amtes kritisieren Ihren Minister für seinen Umgang mit der Lebensleistung der Mitarbeiter. Steckt das Amt in einer inneren Krise?

Eine Krise im Auswärtigen Amt gibt es nicht. Dass Einzelne in der Öffentlichkeit die Gedenkpraxis des Hauses kritisieren, bedauere ich. Aber ich wiederhole: Das sind Einzelne, nicht die Mehrheit. Denn die allermeisten sehen, dass dieser Außenminister dem Amt innen und außenpolitisch zu großer Reputation und Anerkennung verholfen hat.

Steckt Joschka Fischer in einem Loyalitätskonflikt?

Nein. Gerade die Loyalität der Beamten des Auswärtigen Amtes mit ihrem Minister, ganz gleich welcher Partei er angehört, ist und war stets ein Aushängeschild dieses Ministeriums. Die gegenwärtige öffentliche Diskussion ist daher sehr ungewöhnlich. Es darf nicht dazu führen, dass künftige Außenminister das Gefühl haben könnten, sie können sich nicht mehr hundertprozentig auf den Beamtenapparat verlassen. Öffentlich gemachte interne Briefe und E-Mails sind daher alles andere als hilfreich.

Warum schreiben Fischers Kritiker ausgerechnet jetzt solche öffentlichen Briefe?

Ich will hier zu den Motiven nicht spekulieren. Es mag auch immer Leute geben, die glauben, auf der Karriereleiter nicht dort zu stehen, wo sie sich gern selbst sähen. Klar ist aber, dass es sich um wenige handelt. Im Übrigen: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Amtes sind hoch motiviert und leisten hervorragende Arbeit.

Minister Fischer hätte seine Entscheidung, Beamten im Todesfall eine ausführliche Würdigung zu versagen, im Haus sensibler erklären können.

Das ist doch geschehen. Auch der Personalrat war beteiligt. Die Entscheidung, die Gedenkpraxis des Hauses zu ändern, war richtig und hat dem internationalen Ansehen des Amtes genutzt. Die weit überwiegende Zahl der Mitarbeiter steht zu dieser Entscheidung.

Hat Fischer die Kritik Andersdenkender in der Sache nicht ernst genommen?

Das sehe ich nicht so. Ein Minister hat das Recht, politische Entscheidungen zu treffen, die er für notwendig und sinnvoll erachtet. Diese Entscheidung wurde vor einem historischen Hintergrund und der aktuellen Situation getroffen. Wir sind im 60. Jahr des Kriegsendes und der Befreiung der Konzentrationslager. Da muss man hochsensibel mit der Geschichte umgehen und fragen, ob die Ehrung ehemaliger NSDAP-Mitglieder dem Ruf Deutschlands im Ausland schadet.

Wird der Streit Folgen für die Kritiker des Ministers habe?

Das ist im Augenblick noch offen. Klar ist: Wenn ein amtierender Botschafter einen solchen Brief an den Minister schreibt, den der zur gleichen Zeit in der Zeitung liest, dann ist das jedenfalls nicht akzeptabel.

Das Gespräch führte Antje Sirleschtov

-

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false