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Das nächste Ziel: USA nehmen Taliban-Chef Mullah Omar ins Visier

Alles weist darauf hin, dass die USA und Pakistan bei der Jagd nach bin Laden mehr kooperiert haben, als sie laut sagen. Und das neue Terroristenjäger-Dreamteam scheint bereits das nächste Ziel ins Visier zu nehmen: den einäugigen Taliban-Chef Mullah Omar.

Die Krise war offenbar nicht mehr als ein Sturm im Wasserglas. Die USA würden zu Pakistan stehen, versicherte US-Außenministerin Hillary Clinton nun – nur wenige Tage nach dem Tod von Osama bin Laden, den die USA in Pakistan aufgespürt und getötet hatten, angeblich ohne Wissen Islamabads. Clinton könnte sogar noch in diesem Monat Pakistan einen Besuch abstatten, hieß es. Zugleich verteidigt US-Senator John Kerry, ein Vertrauter von US-Präsident Barack Obama, die Finanzhilfen für das südasiatische Land – ebenso wie der Ex-Präsidentschaftskandidat, der Republikaner John McCain. „Wir müssen alles tun, um dem Land zu helfen“, meinte McCain. Keine Frage: Ein echtes Zerwürfnis sieht anders aus.

Alles weist darauf hin, dass die USA und Pakistan bei der Jagd nach bin Laden mehr kooperiert haben, als sie laut sagen. Und das neue Terroristenjäger-Dreamteam scheint bereits das nächste Ziel ins Visier zu nehmen: den einäugigen Taliban-Chef Mullah Omar. „Wenn ich Mullah Omar wäre, würde ich mir Sorgen machen“, sagte US-General Richard Mills am Donnerstag. Und – was für ein Zufall – am gleichen Tag berichtete die pakistanische Zeitung „The News“, dass auch die Pakistaner zur Jagd auf Omar blasen. Man werde eine „massive Suchaktion“ starten. Ähnlich wie bei bin Laden gibt es allerdings Gerüchte, dass sowohl Pakistan als auch die USA schon seit Jahren über seinen Aufenthaltsort informiert sind. Dabei ist Mullah Omar längst nicht mehr der unangefochtene Chef, seine Macht über die Taliban schwindet. Ebenfalls auf der Abschussliste steht offenbar auch die bisherige Nummer zwei in der Hierarchie der Al Qaida, Ayman al Sawahiri.

Viele Beobachter in Südasien glauben, dass bin Ladens Tod nichts weniger als den Auftakt für das Endspiel in Afghanistan bedeutet. Sie gehen auch davon aus, dass es einen heimlichen Deal zwischen Pakistan und den USA gibt. Vor allem Indien schäumt. Die Regierung in Neu-Delhi muss fürchten, dass ihr die Felle in Afghanistan davonschwimmen. Die wahre Krise schwelt nicht zwischen Islamabad und Washington, sondern zwischen Islamabad und Neu-Delhi. Die Töne werden schärfer. Indische Fernsehsender verbreiten, Pakistan würde angeblich die Waffenruhe in Kaschmir verletzen. „Bedrängtes Pakistan könnte Indien angreifen“, schürt auch die Zeitung „Times of India“ Kriegsstimmung. Kaum verhohlen drohte Neu-Delhi, Indien könnte nun nach US-Vorbild ebenfalls Hubschrauber ins Nachbarland schicken, um Terroristen bei Kommandoaktionen zu töten.

Auch in Afghanistan sind die Menschen alarmiert – zumindest jene, die nicht mit den Taliban sympathisieren. Angeführt von Ex-Spionagechef Amrullah Saleh, demonstrierten laut Medien am Donnerstag Tausende in Kabul gegen einen Kuhhandel mit den Militanten. Auch die Taliban haben die Zeichen der Zeit erkannt: Sie beginnen, sich von Al Qaida zu distanzieren – wohlwissend, dass die USA dies zur Bedingung für einen Friedensdeal machen. Die Amerikaner wollen raus aus dem Hexenkessel am Hindukusch, aber die Supermacht will nicht wie einst die Russen nach einem zehnjährigen Krieg als gedemütigter Verlierer abziehen. Und weil die USA nicht in der Lage sind, Afghanistan zu befrieden und die Taliban zu besiegen, hat sich Washington offenbar nun mit Islamabad darauf verständigt, dem westlichen Publikum einige prominente Terrorfiguren als Trophäen zu präsentieren – um den Eindruck zu erwecken, dass man das Kriegsziel erreicht habe.

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