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Politik: Das trotzige Drittel

32 Prozent der Bürger lehnen Schröders Reformen ab. Doch fast die Hälfte spricht sich für Veränderungen aus

POLITBAROMETER UND DEUTSCHLAND–TREND

Für das Politbarometer im Auftrag von ZDF und Tagesspiegel hat die Forschungsgruppe Wahlen vom 29. April bis 1. Mai 1230 Bürger befragt. Für den Deutschlandtrend im Auftrag von ARD/„Bericht aus Berlin“ und Tagesspiegel befragte Infratest dimap 1300 Bürger zwischen dem 28. und 30. April.

Die Zustimmung der Bürger für die Reformpläne von Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nimmt ab. Während im April noch 56 Prozent der für das Politbarometer Befragten die geplanten Einschnitte für gerade richtig oder nicht weitgehend genug hielten, sind es jetzt noch 49 Prozent. 32 Prozent der Befragten (April: 25 Prozent) halten die Pläne dagegen für zu radikal. Fast die Hälfte aber will Veränderungen: Für 28 Prozent (April: 35 Prozent) gehen die Vorschläge nicht weit genug, und wie im Vormonat finden 21 Prozent die geplanten Einschnitte gerade richtig. Eine Erhöhung des Renteneintrittsalters zur Entlastung der Rentenkassen auf 67 Jahre lehnt die große Mehrheit der Bürger (88 Prozent) ab.

Nach dem Deutschlandtrend sind die Deutschen in Befürworter und Gegner gespalten. Je 45 Prozent stimmen Schröders Plänen zu oder lehnen sie ab. Bemerkenswert ist, dass die ablehnende Haltung im Osten weiter stärker verbreitet ist als im Westen: 59 Prozent der Ostdeutschen meinen, das Reformprogramm gehe in die falsche Richtung, im Westen sind es 41 Prozent. Dabei findet nur die Verkürzung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes eine Mehrheit aller Befragten (55 Prozent). Die Zusammenlegung von Sozial und Arbeitslosenhilfe wird nur von 44 Prozent unterstützt, die Abdeckung des Krankengelds durch eine Privatversicherung lehnen gar 74 Prozent ab. Nur elf Prozent glauben, dass Schröders „Agenda 2010“ zu mehr Arbeitsplätzen führen wird. 76 Prozent sind der Ansicht, das Programm werde nicht zu einem Wirtschaftsaufschwung führen.

Laut Politbarometer sind 72 Prozent der Befragten der Auffassung, dass die SPD in wichtigen politischen Fragen zerstritten ist; vor der Bundestagswahl im September 2002 waren nur 31 Prozent dieser Meinung. Auch 63 Prozent der SPD-Anhänger sehen ihre Partei als zerstritten an. Dem Bundeskanzler trauen aber 61 Prozent aller Befragten zu, dass er sich im Streit mit der Partei-Linken über die Reformen durchsetzen wird. Der Reformstreit kostet die SPD laut Politbarometer allerdings Sympathien: Nach 31 Prozent vor drei Wochen erreicht die Partei in der politischen Stimmung jetzt 29 Prozent, die Unionsparteien kommen auf 51 Prozent (April: 47 Prozent). Wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre, hätten Union und FDP demnach eine klare parlamentarische Mehrheit. Damit ist der positive Trend der SPD im Politbarometer gebrochen. In den vergangenen drei Umfragen hatten die Sozialdemokraten jeweils zugelegt, nachdem sie im Februar nur 22 Prozent erreicht hatten.

Laut Deutschlandtrend sind 85 Prozent der Befragten unzufrieden mit Rot-Grün. Schröders Popularität ist weiter gesunken, die Deutschen mögen ihn weniger als CDU-Chefin Angela Merkel oder CSU-Chef Edmund Stoiber. Das schlägt sich auch im Ergebnis der Sonntagsfrage nieder: Hier verliert die SPD drei Punkte und kommt auf 28 Prozent, die Union gewinnt drei Punkte hinzu und landet bei 48 Prozent. Die Grünen kämen derzeit auf 10 Prozent, die FDP würde 7 Prozent gewinnen. Die PDS käme auf 4 Prozent.

Schlechter denn je kommen die Politiker im Politbarometer weg: Von den zehn wichtigsten Politikern liegen sechs im Minus. Eine so schlechte Beurteilung gab es noch nie, seit das Politbarometer erstellt wird. Im Deutschlandtrend dagegen werden fast alle Politiker etwas besser bewertet als im Vormonat. Die Ausnahme: Gerhard Schröder. Darling der Deutschen ist unverändert Außenminister Joschka Fischer. Dagegen sind laut Deutschlandtrend nur 24 Prozent mit DGB-Chef Michael Sommer zufrieden. Noch weniger Zustimmung bekommt nur Gesundheitsministerin Ulla Schmidt.

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