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Helm auf zum Gefecht. Nach dem kritischen Rechnungshofbericht muss Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) dem Bundestag erklären, warum das Drohnendebakel so spät publik wurde und welche Rolle seine hohen Beamten spielten. Foto: dpa

© dpa

De Maizière und die Drohne "Euro Hawk": Prüfungsbericht: Verheerendes Urteil für Verteidigungsministerium

Am heutigen Mittwoch wird Verteidigungsminister de Maizière vor dem Bundestag zum Drohnenprojekt „Euro Hawk“ aussagen, doch das Urteil ist bereits gesprochen: Der Rechnungshofbericht sieht schwere Versäumnisse bis hinauf in die Leitungsebene des Verteidigungsressort.

Von Robert Birnbaum

Das Urteil der Prüfer ist eindeutig – und eindeutig verheerend. Seit Ende 2011 hat der Bundesrechnungshof sich das Drohnenprojekt „Euro Hawk“ kritisch angeschaut. Die Bonner Prüfer wurden misstrauisch, weil das Vorhaben immer teurer wurde und immer länger dauerte. Länger als ein Jahr dauerte auch der Kleinkrieg mit der Wehrbürokratie über geheime Unterlagen. Jetzt liegt der Bericht den Haushaltspolitikern des Bundestages vor. Er gipfelt in einem Satz von bemerkenswerter Klarheit: „Der Bundesrechnungshof sieht im Umgang mit den Projektrisiken ein folgenschweres Organisationsversagen.“

Eigentlich, sollte man meinen, ist damit die Sache klar: Einen Tag, bevor er den zuständigen Ausschüssen des Bundestages selbst Bericht erstattet, ist das Urteil über Verteidigungsminister Thomas de Maizière gesprochen. Doch die Rechnungsprüfer kommen nach Auswertung der Unterlagen zu einem differenzierteren Schluss. Zwar sei sogar schon vor dem Vertragsschluss 2007 den Fachabteilungen des Ministeriums und dem zuständigen Bundesamt in Koblenz mehr oder weniger klar gewesen, dass die Zulassung des Supervogels für den europäischen Luftraum ein ernstes Problem würde. Doch habe man, statt das vorher eingehend zu prüfen, die ganze Zeit gehofft, den Knoten irgendwie durchschlagen zu können. Und die ganze Zeit über hätten die unteren Stellen versucht, die Probleme selbst zu lösen.

„Im Frühjahr 2009, spätestens im Jahr 2011 hätte die Leitung des Bundesverteidigungsministeriums informiert und das Projekt insgesamt neu bewertet werden müssen“, urteilen die Prüfer. Doch erst im Februar 2012, als die Lage sich endgültig als aussichtslos darstellte, wurde der für Rüstung zuständige Staatssekretär Stéphane Beemelmans unterrichtet. Der enge Vertraute de Maizières habe darauf ebenso reagiert wie der zweite, für den Haushalt zuständige Staatssekretär Rüdiger Wolf. Seither prüfe das Ministerium Wege, den „Euro Hawk“ mit einer militärischen Zulassung eingeschränkt zu nutzen, und parallel dazu die Eignung alternativer Fluggeräte für die Lauschtechnik.

Daran finden die Prüfer erst mal nichts zu beanstanden: „Die Leitung des Verteidigungsministeriums hat damit gehandelt, sobald ihr die Probleme berichtet wurden“, halten sie fest. Und auch dafür, dass Beemelmans den „Euro Hawk“ nicht sofort stoppte, zeigen sie Verständnis: Ohne den Prototyp der hoch fliegenden Drohne weiter zu erproben, hätte auch die Entwicklung der Sensorik abgebrochen werden müssen. Diese Lauschtechnik aber – so hält es ein Bericht der Rüstungsabteilung an Beemelmans im Dezember 2012 fest – sei „das derzeit modernste System seiner Art“. Deshalb empfahlen die Beamten, es weiter zu nutzen.

Den Beamten ging es dabei freilich nicht nur um das Wohl der Soldaten, die davon profitieren könnten; sie hatten auch das Wohl des Lieferanten fest im Blick. Die Signaltechnik sei „ein Produkt der schützenswerten wehrtechnischen Fähigkeiten der EADS und solle daher aus technologischen und rüstungswirtschaftlichen Gründen weiter genutzt werden“, zitieren die Prüfer aus einem Statusbericht an Beemelmans.

Der Satz kann den Zuständigen noch auf die Füße fallen. Denn er nährt den Verdacht, den nicht nur in der Opposition manche schon länger haben: dass da nämlich, bildlich gesprochen, eine Ministerialbürokratie ein totes Pferd immer weiter geritten hat, um der deutschen Rüstungswirtschaft zu helfen.

Womit die Frage im Raum steht: Wer war das, diese Zuständigen? Der Bericht nennt keine Namen, nur Funktionen. Doch auch so wird klar, dass es nicht nur kleine Verwaltungsleute gewesen sind, die den schlechten Gang der Dinge kannten. „Die Vorhabenaufsicht im Bundesverteidigungsministerium (Fachaufsicht) war laufend über den Stand des Projekts informiert“, stellen die Prüfer lakonisch fest. Die für Zulassungsfragen zuständigen Leute beim Bundesamt in Koblenz waren es auch, ebenso wie zumindest Teile der Rüstungsabteilung im Ministerium. Ausgerechnet deren heutigem Chef Detlev Selhausen – seit 2009 in der Abteilung leitend tätig – hatte de Maizière die Erstellung des Berichts anvertraut, den er am Mittwoch dem Parlament vorlegt. Offene Fragen bleiben auch nach dem Rechnungshofbericht; zum Beispiel, wann de Maizière selbst von dem Debakel erfuhr. Dass es seine Vorgänger verursacht haben, hilft da nur begrenzt. Franz Josef Jung und Karl-Theodor zu Guttenberg sind schon zurückgetreten.

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