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NRW-Wahlkampfauftakt mit Hindernissen: Delegierte küren Röttgen zum Spitzenkandidaten

Weil angesichts der Debattenlage des Tages schon gemunkelt wurde, die Christdemokraten würden ihren Spitzenmann womöglich abstrafen und ihm kein besonders gutes Ergebnis bei seiner Wahl bescheren, griff Röttgens General Wittke in die Trickkiste.

Auch der freundliche Tonfall änderte nichts. Oliver Wittke hatte sich soeben alle Mühe gegeben, den Delegierten zu schmeicheln und den Auswahlprozess für die Liste zur Landtagswahl am 13. Mai in den höchsten Tönen zu loben. Der Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU berichtete von den Gesprächen im Landesvorstand und kam dann zum Punkt. „Wir haben sorgfältig auf Ausgewogenheit geachtet“, rief er am Mittwoch den Delegierten zu. Da kam bei einem erheblichen Teil der Parteifreunde Unruhe auf, und sogar wenig freundliche Zwischenrufe waren zu hören waren. „Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass die Liste bei einer Enthaltung einstimmig im Landesvorstand angenommen wurde“, fügte Wittke also hinzu. Auch als er diesen Satz sagte, kehrte keine Ruhe ein.

Die Bemerkung war nötig geworden, weil einer der Bezirksvorsitzenden in der nordrhein-westfälischen CDU zu einem „Aufstand gegen Röttgen“ aufgerufen hatte, wie es die „Bild“-Zeitung am Morgen publikumswirksam zusammengefasst hatte. Der Vorsitzende der CDU Mittelrhein, der Europaabgeordnete Axel Voss, hatte per SMS dazu aufgerufen, die CDU-Liste für die Landtagswahl am Abend abzulehnen, weil er den eigenen Verband für unzureichend beteiligt hält. Obwohl sich die Parteiführung um den Landeschef Norbert Röttgen im Laufe des Tages alle Mühe gab, diesen Affront vergessen zu machen, gelang ihnen das nicht. „Wir haben breit diskutiert, es gab keine Kritik“, argumentierte Röttgen, der natürlich genau wusste, wie sehr ihm die Schlagzeile ausgerechnet am Tag seiner Nominierung schaden würde. Als die CDU-Delegierten dann am frühen Abend in der Mülheimer Stadthalle zusammenkamen und Röttgen sie eine gute halbe Stunde warten ließ, gab es auf den Fluren nur ein Thema. „Wir haben den Wahlkampfauftakt vergeigt“, sagten selbst jene, die üblicherweise darauf achten, die eigene Truppe nicht zu beschädigen. Als die führenden Christdemokraten dann zudem hörten, dass Röttgen zu spät kam, weil er seine Ehefrau im heimischen Meckenheim abgeholt hatte, schüttelten sie nur noch den Kopf. Röttgen gab sich, als er endlich eintraf, alle Mühe, die Querschüsse zu überlächeln, aber es wollte ihm nicht wirklich gelingen. Knapp 40 Minuten sprach er zu den Delegierten, aber der Beifall war eher trotzig und klang danach, dass man den eigenen Spitzenmann nicht gänzlich alleine lassen wollte.

Weil angesichts der Debattenlage des Tages schon gemunkelt wurde, die Christdemokraten würden ihren Spitzenmann womöglich abstrafen und ihm kein besonders gutes Ergebnis bei seiner Wahl bescheren, griff Röttgens General Wittke in die Trickkiste. Er ermöglichte es den Delegierten ausdrücklich, sie könnten der Liste auch als Ganzes zustimmen, ohne ihr Kreuz bei den einzelnen Kandidaten zu machen. Mindestens diese Botschaft verstanden sie: Röttgen wurde mit 238 von 248 Stimmen gewählt, was einer Zustimmung von 96,36 Prozent entspricht. Nur neun Parteifreunde sagten „Nein“ zum eigenen Spitzenmann.

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