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Politik: Den Gegner wieder stark gemacht Israel und Saudi-Arabien reagieren verärgert

Berlin/Kairo - Die internationale Diplomatie mag jubeln. Doch für Israel kommt die Genfer Einigung mit dem Iran einem politischen Albtraum gleich.

Berlin/Kairo - Die internationale Diplomatie mag jubeln. Doch für Israel kommt die Genfer Einigung mit dem Iran einem politischen Albtraum gleich. Denn nach Lesart der Regierenden in Jerusalem bedeutet das Abkommen für Teheran einen unverhältnismäßig großen Erfolg: Die Sanktionen werden spürbar gelockert, gleichzeitig darf die Islamische Republik ihr Atomprogramm letztendlich aufrechterhalten. Israels politische Führung sieht darin einem Affront, weil ihre Hauptsorge – die Nuklearenergie könnte militärisch genutzt werden – bestehen bleibt.

Ähnlich skeptisch beurteilt der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft die Ergebnisse. „Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Teheran schon oft vieles zugesagt hat, was dann aber nicht eingehalten wurde“, sagt Reinhold Robbe im Gespräch mit dem Tagesspiegel. Vor allem die EU sei nun in der Verantwortung. „Sie muss Amerika dabei unterstützen, dass die Vereinbarungen mit Teheran tatsächlich umgesetzt werden.“

Daran mag in Jerusalem kaum jemand glauben. Mehr noch: Netanjahu fühlt sich im Stich gelassen. Seine Warnungen, die Führung in Teheran gaukele dem Westen Kompromissbereitschaft nur vor, verhallten ungehört. Israel steht daher jetzt mit seiner skeptischen Haltung weitgehend allein da. Daran ändern auch Washingtons Bemühungen wenig, durch Sicherheitsgarantien vorhandene Bedenken zu zerstreuen. Dennoch setzt „Bibi“ ungeachtet seines Säbelrasselns weiter auf eine diplomatische Lösung des Konflikts. Denn auch ihm ist klar, dass ein Militärschlag gegen Irans Atomanlagen unabsehbare Folgen haben könnte.

Mit Schweigen und Verunsicherung haben indes die meisten arabischen Staaten im Nahen Osten auf die Einigung von Genf reagiert. Lediglich die beiden schiitisch regierten Länder Syrien und Irak begrüßten die Vereinbarung. Das Regime von Präsident Baschar al Assad etwa nannte den Vertrag von Genf „ein historisches Abkommen“. Die Herrscher der sunnitischen Golfstaaten sowie Ägyptens und Jordaniens waren dagegen zu keiner Stellungnahme bereit. Denn ihre Regierungen fürchten, Teheran werde durch eine mögliche Wiederannäherung an die USA und Europa erheblich an Einfluss gewinnen.

Vor allem das sunnitische Saudi-Arabien, traditionell ein Gegner des schiitischen Iran, rügt Washingtons konziliantere Haltung gegenüber Teheran. Stellvertretend für die Führung in Riad meldete sich kürzlich Prinz Turki bin Faisal al Saud zu Wort, langjähriger saudischer Botschafter in Washington und heute Chef des Geheimdienstes. Der Iran kämpfe seit 1979 in provokanter Weise mit SaudiArabien um die Führungsrolle im Nahen und Mittleren Osten und wolle ein Reich errichten, „wie es das noch nie zuvor gegeben hat“, sagte er und verlangte, der Golf-Kooperationsrat müsse bei künftigen Atomverhandlungen mit am Tisch sitzen. Christian Böhme/Martin Gehlen

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