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Politik: Denksportaufgabe

Von Bärbel Schubert Der Streit der Parteien um die Interpretation des innerdeutschen Pisa-Schulvergleichs ist voll entbrannt. Das zeigt schon der aktuelle Schlagabtausch zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU).

Von Bärbel Schubert

Der Streit der Parteien um die Interpretation des innerdeutschen Pisa-Schulvergleichs ist voll entbrannt. Das zeigt schon der aktuelle Schlagabtausch zwischen Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) und Kanzlerkandidat Edmund Stoiber (CSU). Während Schröder auf die nationale Dimension pocht und die „deutsche Schule retten“ will, kündigte Stoiber an, die Länderzuständigkeit zu erhalten. Der Norden soll vom Süden lernen.

Doch die Ergebnisse der E-Studie fallen differenzierter aus, als sich in der parteipolitischen Diskussion widerspiegelt. Das räumen auch die Kultusminister aus SPD- wie unionsgeführten Bundesländern in ihrem Bewertungspapier zu Pisa-E ein, das sie am Dienstag in Berlin beschlossen haben. Am selben Tag wurde auch die Studie Pisa-E selbst offiziell vorgestellt. Die zentralen Ergebnisse:

Leistungsunterschiede: Sie fallen innerhalb Deutschlands dramatisch aus. Beim Vergleich der 15-Jährigen in Sachen Lesekompetenz und Mathematik entspricht der Lernvorsprung der testbesten Schüler aus Bayern zum Schlusslicht Bremen eineinhalb bis zwei Schuljahre. In den Naturwissenschaften fallen die Unterschiede geringer aus.

Oben und unten: Dabei hat das Leistungs-Ranking der Länder bei den 15-Jährigen in allen Fächern tendenziell die gleichen Ergebnisse: Das obere Drittel beim Leseverständnis bilden Bayern, Baden-Württemberg, Sachsen, Rheinland-Pfalz und das Saarland. In Mathematik treten an die Stelle der beiden zuletzt genannten Länder Thüringen und Schleswig-Holstein, in den Naturwissenschaften Thüringen und Rheinland-Pfalz. Am unteren Ende stehen Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bremen.

Gymnasium: Das Bild verändert sich erheblich, wenn nur die Gymnasiasten der neunten Klasse verglichen werden. Bayern bleibt beim Lesen Spitzenreiter, gefolgt von den gleichauf liegenden Ländern Schleswig-Holstein und Niedersachsen. In der Mathematik liegen Bayern, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vorn. In den Naturwissenschaften erreicht Schleswig-Holstein den Spitzenplatz, Baden-Württemberg und Bayern folgen. Insgesamt zeigt sich gerade in der Gymnasial-Auswertung das viel zitierte Süd-Nord-Gefälle so nicht. Auch eine Überlegenheit von Ländern mit Zentralabitur belegt Pisa nicht.

Die Spitze: Die Leistungsspitze kann international durchaus mithalten, ist aber im Vergleich zu anderen Staaten in allen Bundesländern sehr dünn. Im Bundesvergleich der besten fünf Prozent Schüler führt in Mathematik wieder Bayern - überraschend gefolgt von Schlusslicht Bremen auf Platz zwei.

Soziale Auslese: In keinem anderen Industrieland ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg so stark wie in Deutschland. Ein Kind von Eltern aus der obersten sozialen Schicht hat in Bayern eine 10,5-mal größere Chance aufs Gymnasium als das Kind einer Facharbeiter-Familie. In Baden-Württemberg liegt diese Quote bei 5,8, im Saarland bei 6 und in NRW bei 6,5 (Bundesschnitt 6) – selbst bei gleicher Begabung bleiben die Unterschiede erheblich.

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