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Politik: Der Aufstand erreicht Damaskus

Regime bekommt Vorstädte nicht unter Kontrolle / Flucht der Familie vereitelt?

Endzeit in Damaskus. Die heftigen Kämpfe zwischen Armee und Aufständischen toben inzwischen wenige Kilometer vom Zentrum der syrischen Hauptstadt entfernt. Und offenbar ist das bedrängte Regime nun erstmals bereits, Gespräche mit der Opposition aufzunehmen – das meldeten diplomatische Kreise aus Moskau. Zugleich setzen sich immer mehr Regimetreue ab. Ägyptische Berichten zufolge versuchte auch Präsident Baschar al Assads Ehefrau Asma am Sonntag zusammen mit ihren Kindern, der Mutter Assads und einem Cousin des Präsidenten, aus dem Land zu fliehen, was nach ägyptischen Berichten durch abtrünnige Soldaten vereitelt wurde.

Den Geheimdienstlern gelang es angeblich, die Zubringerstraße zum Flughafen noch einige Zeit zu blockieren. Loyale Einheiten hätten dann ohne Erfolg versucht, ihren übergelaufenen Anführer, Geheimdienstgeneral Mahmoud Halouf, festzunehmen. Aus Vergeltung seien später 17 Verwandte des hochrangigen Deserteurs getötet worden, hieß es.

Gleichzeitig versuchten loyale Einheiten des Regimes am Montag mit aller Gewalt, die östlichen Vorstädte von Damaskus wieder in ihre Hand zu bekommen. Die Wohnviertel wurden mit Artillerie beschossen, Panzer rollten durch die Straßen. Regimekommandos suchten bei Razzien nach Angehörigen der „Freien Syrischen Armee“. Strom und Wasser sind abgestellt, an allen Kreuzungen sind Straßensperren und Sandsackbarrieren errichtet. Verängstigte Familien versuchten verzweifelt, sich mit ein paar Habseligkeiten im nahen Zentrum der Hauptstadt in Sicherheit zu bringen. „Seit Samstag gibt es hier ununterbrochen Beschuss, es ist schrecklich – ein richtiger Krieg“, berichtete ein Augenzeuge am Telefon.

Die „Syrische Liga für Menschenrechte“ erklärte, das Regime habe einen prominenten Mitbegründer der auf 40 000 Mann angewachsenen „Freien Syrischen Armee“ exekutiert. Hussein Harmusch war Anfang September aus einem türkischen Flüchtlingslager verschwunden und zwei Wochen später im syrischen Staatsfernsehen vorgeführt worden. Der UN-Weltsicherheitsrat will sich am Dienstag mit Syrien befassen.

Baschar al Assads Familie war zuletzt vor drei Wochen, am 11. Januar, öffentlich gesehen worden. Damals erschien der syrische Präsident überraschend auf dem Omaijaden-Platz im Stadtzentrum und versicherte vor Tausenden jubelnder Regime-Anhänger, man werde alle Verschwörungen gegen Syrien „ohne jeden Zweifel“ niederringen. Mit in der Menge stand lächelnd mit schwarzer Wollmütze seine Frau Asma mit zwei der drei Kinder des Präsidentenpaars. Aufgewachsen ist die 36-jährige Tochter einer Diplomatin und eines Herzchirurgen in London, studierte Informatik und französische Literatur am „King’s College“ und arbeitete danach als Bankerin, unter anderem in Paris und New York. Den zehn Jahre älteren Baschar al Assad traf sie zum ersten Mal 1999 in London. Ein Jahr später heiratete das Paar, kurz nach der Machtübernahme Assads in Damaskus.

Russland hat Vertreter des syrischen Regimes und der Opposition zu Gesprächen nach Moskau eingeladen. Die Machthaber in Damaskus hätten einem informellen Treffen bereits zugestimmt, teilte das russische Außenministerium mit. „Wir setzen darauf, dass auch die Opposition in den nächsten Tagen ihr Einverständnis gibt.“ Der Präsident des Syrischen Nationalrats, Burhan Ghaliun, erteilte dem Vorschlag eine Absage: Man verhandle nicht vor Assads Rücktritt. In der Vergangenheit hatte Russland bereits getrennte Gespräche mit beiden Seiten geführt. Moskau lehnt allerdings im Weltsicherheitsrat Sanktionen oder Gewalt gegen Syrien kategorisch ab. Syrien ist seit langem ein enger Verbündeter und treuer Waffenkunde Russlands. mit dpa

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