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Politik: Der Fall Daschner – was wusste das Ministerium?

Hessens Opposition fordert Aufklärung in Folteraffäre / Anwalt: Er hat den Dienstweg eingehalten

Berlin - Der Fall Wolfgang Daschner hat endgültig das hessische Innenministerium erreicht. Was wusste man in der Behörde von dem Vorhaben des damaligen Frankfurter Polizeivizepräsidenten, dem Tatverdächtigen im Entführungsfall Jakob von Metzler mit Gewalt eine Aussage abringen zu wollen? Die Landtagsfraktionen von Bündnis 90/Die Grünen forderten Innenminister Volker Bouffier am Montag auf, eindeutig zu erklären, ob Daschner Mitwisser im Ministerium hatte. Die SPD verlangte, bis zur nächsten Sitzung des Innenausschusses am Mittwoch zu klären, ob es Rückendeckung für die Folterandrohung gab. „Der Kreis der in Frage kommenden Personen ist nicht sehr groß“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Reinhard Kahl. Der frühere Innenstaatssekretär Udo Corts (CDU) erklärte nur, er habe mit Daschner nie direkt gesprochen. Daschner selbst sagt, die Aufforderung zur Gewaltdrohung („Machen Sie das“) sei aus der Behörde gekommen. Sein Anwalt Eckart Hild betonte gegenüber dem Tagesspiegel, sein Mandant habe „den normalen Berichtsweg“ eingehalten. Vorgesetzte Behörde des Frankfurter Polizeipräsidiums ist das hessische Landespolizeipräsidium, das zum Ministerium gehört. Sprecher Michael Bußer unterstrich am Montag erneut, dass dort niemand von Daschners Vorgehen gewusst habe.

Nach dem Bekanntwerden der Folterdrohung hatte der Grünen-Abgeordnete Tarek Al Wazir Mitte April 2003 in einer Ausschusssitzung auch Innenminister Volker Bouffier (CDU) mit der Frage konfrontiert: „Gab es Rücksprachen mit dem Landespolizeipräsidenten, mit Ihnen oder Ihrem Staatssekretär vor der Androhung von Gewalt?“ Bouffier hatte dazu nur gesagt: „Für meine Person kann ich das alles ausschließen“ – er war zum Zeitpunkt der fraglichen Vernehmung des Tatverdächtigen Magnus Gäfgen im Urlaub. Im Wiesbadener Landtag ist zu hören, dass im Entführungsfall von Metzler „höchste Berichtspflicht“ seitens der Polizei zur hessischen Staatskanzlei bestanden habe. Demnach sei fast im Zwei-Stunden-Takt berichtet worden.

Die Aussage Daschners, er habe vor seiner Folter-Anordnung Rücksprache genommen, ist nicht neu. Der hessische Rundfunk hatte im Januar darüber berichtet. Sowohl im Innenministerium als auch seitens der Frankfurter Staatsanwaltschaft ist der Fall untersucht worden – ohne Ergebnis. Die Anklagebehörde teilte am Montag mit, sie habe keinen Anlass gesehen, da Daschner keine Namen genannt habe. Ministeriumssprecher Bußer erklärte, man habe den Vorfall damals ebenfalls intern geprüft.

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