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Sebastian Edathy hat sein Dienstlabtop als gestohlen gemeldet.

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Update

Der Fall Sebastian Edathy: Ex-SPD-Minister Bartling: Edathy war über Verdacht informiert

Niedersachsens früherer Innenminister Heiner Bartling sagt, Edathy habe ihm selbst von einem Informanten erzählt. Mitglieder der Bundesregierung denken laut über schärfere Gesetze gegen Kinderpornografie nach.

Im Fall Sebastian Edathy kommen immer mehr Details ans Licht: So bestätigte der frühere niedersächsische Innenminister Heiner Bartling (SPD), dass sein Parteifreund Edathy über die Verdächtigungen der Staatsanwaltschaft vorab gegen ihn informiert worden war. In der vergangenen Woche habe er mit Edathy telefoniert, sagte Bartling am Montag dem Norddeutschen Rundfunk. Edathy habe dabei bestätigt, dass er „Informanten oder einen Informanten“ gehabt habe, die ihm gesagt hätten: „Da läuft etwas gegen dich, was zu einem Ermittlungsverfahren führen kann“.
Um wen es sich bei dem oder den Informanten gehandelt haben könnte, erfuhr Bartling nach eigenen Angaben nicht. Er habe aber den Eindruck gehabt, dass es jemand gewesen sei, „der wohl nicht zum politischen Umfeld gehört“. Gegen Edathy wird im Zusammenhang mit einem Kinderpornografie-Verdacht ermittelt, vor einer Woche durchsuchte die Staatsanwaltschaft Hannover deshalb seine Wohn- und Büroräume.

Nun wurde zudem bekannt dass der SPD-Politiker vergangene Woche seinen dienstlichen Laptop beim Bundestag als gestohlen gemeldet hat - und zwar mehrere Tage, nachdem er sein Mandat niedergelegt hatte, und die Staatsanwaltschaft Hannover ihre Durchsuchung durchgeführt hatte. Der Parlamentssprecher Ernst Hebeker bestätigte das am Montagabend, die Ermittler in Hannover allerdings erfuhren demnach von der Diebstahlsmeldung tagelang nichts. Bei den Durchsuchungen in Edathys Räumen hatte die Staatsanwaltschaft Hannover nur wenig Beweismaterial gefunden. Es steht der Vorwurf im Raum, dass der SPD-Politiker frühzeitig über die Ermittlungen informiert war und Beweismittel beiseiteschaffen konnte. Der Umgang mit der Affäre hat eine schwere Vertrauenskrise in der großen Koalition ausgelöst. Kanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer wollen sich am Dienstagabend im Kanzleramt treffen, um über die Vorfälle zu reden.

Schärfere Gesetze zur Kinderpornografie gefordert

Der Fall Sebastian Edathy hat aber nicht nur zu einer schweren Krise der großen Koalition geführt, sondern auch eine Diskussion über schärfere Regeln im Bereich der Kinderpornografie ausgelöst. Die Bundesregierung prüft konkret eine Verschärfung der Gesetze.

Niemand dürfe mit den Körpern von Kindern und Jugendlichen Geschäfte machen, erklärte Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) am Dienstag in Berlin. „Wir wollen klären, wie wir das gewerbsmäßige Handeln mit Nacktbildern von Kindern oder Jugendlichen unter Strafe stellen können.“

Zur besseren Bekämpfung von Kinderpornografie im Internet sei auch geplant, den veralteten Schriftenbegriff im Strafrecht anzupassen. Im Gesetz ist lediglich von „kinderpornografischen Schriften“ die Rede, darunter fallen laut Rechtsprechung etwa auch Fotos oder Videos. Geplant ist nun aber, das im Gesetz klarzustellen und dort den Begriff „Informations- und Kommunikationstechnologie“ zu ergänzen.

Maas sagte, geprüft werde auch, ob eine rechtliche Klarstellung zum „Posing“ nötig sei. Der Besitz solcher Bilder, auf denen nackte Kinder zu sehen sind, ist nach deutscher Rechtsprechung bereits strafbar - sofern das abgebildete Kind eine „geschlechtsbetonte Pose“ einnimmt. Diese Abgrenzung ist jedoch schwierig.

„Debatten über die Änderungen des Strafrechts sollten wir nicht mit Blick auf konkrete Einzelfälle führen“, sagte Maas. Er kündigte aber an, „den Kampf gegen Kinderpornografie mit der ganzen Härte des Rechts“ zu führen.

Der SPD-Innenpolitiker Edathy soll im Besitz von Bildern unbekleideter Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren ge. Der SPD-Innenpolitiker Edathy soll im Besitz von Bildern unbekleideter Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren gewesen sein. Die Bilder sollen laut Staatsanwaltschaft Hannover im "Grenzbereich" der Kinderpornografie anzusiedeln sein. Edathy selbst hatte das Material als nicht strafbar bezeichnet.

Die Staatsanwaltschaft hatte vergangene Woche mitgeteilt, dass einige der von Edathy in Kanada gekauften Bilder und Filme nackter Jungen über den IT-Server des Bundestages heruntergeladen worden seien. Es sei aber womöglich nicht identifizierbar, wer genau im Bundestag sie heruntergeladen habe.

Auch in der CDU gibt es Forderungen nach besseren Regeln. Unions-Fraktionsvize Nadine Schön (CDU) hat eine Überprüfung des Strafrechts im Hinblick auf Kinderpornografie angekündigt. "Natürlich muss man sich auch die Frage stellen, warum Bildmaterial, welches beispielsweise in Kanada illegal ist und strafrechtlich verfolgt wird, in Deutschland als legal eingestuft wird. Dies ist zu hinterfragen", sagte Schön dem Tagesspiegel. Mit dem Körper minderjähriger Kinder dürften keine Geschäfte gemacht werden. "Wir werden deshalb untersuchen, ob unser Strafrecht angepasst werden muss." Ein Vergleich des deutschen Rechtssystems mit anderen Ländern sei in Auftrag gegeben. Auch die Verfolgbarkeit müsse international abgestimmt werden. "Kinder dürfen nicht zu Objekten sexueller Neigungen werden. Die Bagatellisierung der Fotos, auch durch Herrn Edathy selbst, ist  unsäglich“, sagte Schön. In der ganzen Diskussion der letzten Tage störe sie, dass über die eigentlichen Opfer, nämlich die Kinder und Jugendlichen, am wenigsten gesprochen werde.

Forderungen nach strengeren Regeln

Auch der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn, unterstützte Forderungen nach schärferen Gesetzen. "Wir müssen die Frage ins Zentrum rücken, wie es den Kindern in Rumänien oder anderswo geht, die für solche Bilder und Filme herhalten mussten", sagte Spahn am Montag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Möglicherweise sei das Kaufen und Herunterladen von derartigem Material "zwar legal, aber gleichwohl nicht legitim", sagte Spahn. Auch CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach hatte Änderungen angemahnt. Forderungen nach strengeren Regeln kommen auch vom Deutschen Kinderschutzbund und dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung.

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