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Politik: Der fünfte Mann für Flug 093

In Hamburg plante er mit Atta die Anschläge vom 11. September: Die Terrorkarriere von Ramzi Binalshibh

Von Frank Jansen

Er wäre am 11. September gerne dabei gewesen. Ramzi Binalshibh hatte sich in Venice, Florida, bei der Flugschule Hufman Aviation zum Pilotentraining angemeldet – wie Mohammed Atta, der sich dort dann auch ausbilden ließ. Doch vier Versuche Binalshibhs, ein Visum für die Einreise in die USA zu bekommen, schlugen fehl. Dennoch hat der Jemenit bei dem Verbrechen eine wichtige Rolle gespielt. Binalshibh koordinierte zusammen mit Atta die Vorbereitung der Anschläge. Meistens von Hamburg aus, wo neben den beiden auch die Terrorpiloten Marwan Al Shehhi und Ziad Jarrah lebten. Binalshibh und Atta, eng befreundet, waren von 1998 bis 2001 in der Marienstraße 54 gemeldet. Ab dem 5. September 2001 stand die 58 Quadratmeter große Wohnung leer. Binalshibh hatte sich als Letzter abgesetzt, nach Pakistan. Das Quartier war so gründlich von allen Spuren gesäubert, dass der Begriff „besenrein“ noch untertrieben scheint.

Ramzi Binalshibh hielt sich seit 1995 in Deutschland auf und war in insgesamt vier Hamburger Wohnungen gemeldet. Eine Zeitlang arbeitete der Jemenit bei einer Firma für Computerservice in Wentorf, einem Ort nahe der Hansestadt. In der Atta-Gruppe kümmerte sich Binalshibh um Finanztransfers. Ein Beispiel: Ende Juli 2001 erhielt er aus den Vereinigten Arabischen Emiraten eine Überweisung in Höhe von 15 000 Dollar. Anschließend schickte Binalshibh von Hamburg und Düsseldorf aus unter dem n „Ahad Sabet“ 14 000 Dollar nach Oklahoma, zu Händen von Zaccarias Moussaoui. Der Franzose sollte wahrscheinlich für Binalshibh einspringen und als 20. Mann an den Terrorakten des 11. September teilnehmen; er wurde jedoch im August in den USA festgenommen. Binalshibh und dann Moussaoui waren als fünfter Entführer für den Flug „United Airlines 093“ vorgesehen. Die Maschine wurde von Ziad Jarrah in Richtung Washington gesteuert – vermutlich um ins Weiße Haus oder ins Kapitol zu stürzen. Dies haben Passagiere verhindert. Das Flugzeug stürzte bei Pittsburgh ab. Wären Binalshibh oder Moussaoui an Bord gewesen, hätten die Terroristen sich vielleicht durchsetzen und nach Washington fliegen können.

Die Bedeutung Binalshibhs für Al Qaida ist nicht ganz klar. Zur obersten Führungsebene zählt er vermutlich nicht, doch scheint sein Beitrag zum Terror des 11. September kaum geringer zu sein als die des Kamikazepiloten Atta. Binalshibh und Atta trafen sich in Afghanistan offenbar mit Osama bin Laden, um über die Anschläge in Amerika zu sprechen. Anfang 2000 nahmen Binalshibh und Atta an einem Al-Qaida-Treffen in Malaysia teil, das nach unbestätigten Berichten von US-Agenten überwacht worden sein soll. Im Juli 2001 kamen der Jemenit, Atta und Marwan Al Shehhi in Spanien zusammen, um sich ein letztes Mal über die Vorbereitung für den 11. September auszutauschen.

Ob Binalshibh nach dem Terrorangriff an der Planung weiterer Anschläge beteiligt war, ist unklar. In dem Video, das Al Dschasira am Donnerstag ausstrahlte, äußert sich Binalshibh in Karatschi nur zu früheren Taten. Aber auch das war riskant – möglicherweise gab er dadurch seinen Fluchtort preis.

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