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Politik: Der Fürst fordert alles

Die Liechtensteiner entscheiden, ob ihr Regent noch mehr Macht erhält

Hans-Adam II. von Liechtenstein regiert über ein Land, das ein Gefängnis hat, in dem es keine Verkehrstoten gibt und in dem mindestens dutzende Milliarden Euro gehortet werden. Bislang lebten die 33 000 Untertanen einträchtig mit ihrem Fürsten zusammen, profitiert hat im Ländle jeder. Der Monarch stieg mit seiner LGT-Bank zu einem der reichsten Männer Europas auf; auch das gemeine Volk genießt Wohlstand.

Jetzt aber gilt der Burgfriede nicht mehr. Hans-Adam II. will mehr Macht. Unbotmäßige Subjekte zeihen den Prinzen des „Staatsstreichs von oben". Am Freitag begann die Abstimmung, am Sonntag geht es weiter. Zur Wahl stehen zwei Entwürfe für eine neue Verfassung: Das Dokument des Fürsten und ein Gegenvorschlag aus dem Volk.

Gemäß Entwurf will Hans-Adam II. die Regierung entlassen können, „wenn sie das Vertrauen des Fürsten verloren hat". Zudem will er nicht von seinem Prärogativ lassen, per Notverordnung regieren und den Landtag auflösen zu können. Auch soll jedes Gesetz erst dann in Kraft treten, wenn seine Durchlaucht es unterschrieben haben.

Sollte das Volk dem Blaublüter am Wochenende eine Abfuhr erteilen, wird Hans- Adam II. seine Koffer packen. Im Wiener Exil wartet schon ein schmuckes Stadtpalais auf den Tross der Liechtensteins. „Wenn man uns nicht mehr haben will, dann werden wir eben gehen", lässt der Fürst wissen. „Ob die Bürger jedoch eine Republik Oberrheintal wollen, wage ich zu bezweifeln."

Offenbar von der Radikalität ihres Herrn tief beeindruckt, ist das Volk, wie Umfragen zeigen, auf dessen Linie eingeschwenkt. Die Gegenspieler tun sich ohnehin schwer. Der Konkurrenzentwurf zum fürstlichen Vorschlag ist eher dem Status quo verpflichtet. Immerhin wollen die Kritiker dem Fürsten etwas stärker auf die Finger schauen. So soll der Monarch nur noch im Falle eines Krieges oder existentieller Ausnahmesituationen zum Notrecht greifen dürfen. Auch soll der Fürst wie bislang Gründe nennen, wenn er seine Regierung schassen will.

„Das Volk darf sich doch nicht in die Knechtschaft dieses Prinzen geben", warnt einer der bürgerlichen Antagonisten, der Rechtsanwalt Peter Sprenger. „Ich glaube einfach nicht, dass ein Mensch mehr Macht haben soll als Tausende andere."

Doch auch mit diesen dramatischen Appellen können die Demokratiefreunde kaum punkten. Selbst eine Stellungnahme durch eine Institution des Europarates, wonach die Annahme des fürstlichen Regelwerkes „einen schwerwiegenden Rückschritt" für die Demokratie darstelle und das Land in Europa isoliere, wischen die zahlreichen Getreuen des regierenden Familienclans beiseite. Für sie gilt wie eh und je: „Der Fürst gibt alles. Und der Fürst nimmt alles.“

Jan Dirk Herbermann[Vaduz]

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