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Politik: Der Gipfel der Strafe (Kommentar)

Wenn es noch eines Vorwandes bedurft hätte, um den OSZE-Gipfel aus Protest gegen den Krieg in Tschetschenien platzen zu lassen, dann hat ihn Russland jetzt selbst geliefert. Entgegen den Absprachen durfte die Delegation der OSZE nicht ins Kriegsgebiet reisen, um sich ein Bild zu machen von der humanitären Lage und vom Vorgehen der Armee Moskaus, die doch angeblich nur einen eng begrenzten Kampf gegen Terroristen führt.

Wenn es noch eines Vorwandes bedurft hätte, um den OSZE-Gipfel aus Protest gegen den Krieg in Tschetschenien platzen zu lassen, dann hat ihn Russland jetzt selbst geliefert. Entgegen den Absprachen durfte die Delegation der OSZE nicht ins Kriegsgebiet reisen, um sich ein Bild zu machen von der humanitären Lage und vom Vorgehen der Armee Moskaus, die doch angeblich nur einen eng begrenzten Kampf gegen Terroristen führt. Ein Ortstermin hätte das Ausmaß dieses barbarischen Feldzuges gegen ein ganzes Volk offenbart. Es gäbe nun wirklich Grund genug, sich nicht mit den Russen in Istanbul an einen Tisch zu setzen: Soll man über eine Friedensordnung theoretisieren, die angesichts der Lage im Kaukasus wie Hohn wirken muss? Soll man einen neuen Vertrag über Truppen-Obergrenzen unterzeichnen, den Moskau im Moment der Unterschrift bereits bricht? Es wäre also naheliegend, ein Zeichen zu setzen. Allerdings: Wäre es klug? Erreichen würde der Westen mit einem Boykott nichts. Er kann seiner Empörung auch anders Ausdruck verleihen - indem die Politiker beim OSZE-Gipfel den russischen Herren ins Gesicht sagen, was sie von deren Kaukasus-Politik halten. Über die Welt-Medien können sie zwei Tage lang weit stärkeren politischen Druck ausüben, als durch die kurzfristige Sensationsmeldung "OSZE-Gipfel abgesagt". Deshalb ist es besser, das Treffen findet statt.

cvm

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