zum Hauptinhalt

Politik: Der gläserne Franzose

Paris verschärft die Anti-Terror-Gesetze. Innenminister Sarkozy nimmt sich London zum Vorbild

Frankreich will im Abwehrkampf gegen den Terrorismus mit Großbritannien gleichziehen. Am Dienstag billigte die Nationalversammlung nach der ersten Lesung ein vom konservativen Innenminister Nicolas Sarkozy eingebrachtes Gesetz, das erhebliche Verschärfungen der schon bestehenden umfassenden Anti- Terror-Gesetze vorsieht.

Danach soll unter anderem die Videoüberwachung an öffentlichen Plätzen und Einrichtungen intensiviert werden. Die Polizei erhält erweiterte Vollmachten für die Personenüberwachung. Die Höchststrafen für Mitglieder und Anführer krimineller Vereinigungen mit terroristischem Hintergrund sollen auf 20 beziehungsweise 30 Jahre verdoppelt werden.

In der Debatte hatte Sarkozy die Aufrüstung im Anti-Terror-Kampf mit der „realen Bedrohung“ begründet, die von radikalen Islamisten ausgehe. Was in New York, Madrid und London geschehen sei, könne morgen auch Frankreich passieren, sagte er. Vor diesem „Krieg“ sei Frankreich nicht geschützt. Bei der Vorlage des Gesetzes bezog sich Sarkozy auf die englische Praxis der Videoüberwachung, die nach den Attentaten im Juli in London zur Identifizierung der Täter geführt hatte. Bei einem Besuch in London hatte er zuvor mit seinem Amtskollegen Charles Clarke eine engere Zusammenarbeit verabredet.

Zwar gibt es schon jetzt in Banken, Postämtern, Untergrundbahnhöfen und anderen sensiblen Einrichtungen Videokameras. Doch die Überwachung soll nun landesweit auf Bahnhöfe, Flugplätze, Kraftwerke, Kaufhäuser, religiöse Einrichtungen und andere potenzielle Terrorziele wie etwa Atomkraftwerke ausgedehnt werden. Die Polizei soll künftig ohne den bisher erforderlichen richterlichen Auftrag weit gehende Befugnisse zur Überwachung von Personen erhalten. Dazu gehört der Zugang zu den Passagierdaten von Flug-, Eisenbahn- und Schifffahrtsgesellschaften. Ohne richterliche Kontrolle sollen Beamte auch Autos und deren Insassen fotografieren und die Bilder acht Tage lang speichern dürfen. Telefongesellschaften und die Betreiber von Internetcafés müssen die Daten von Gesprächen und Mails ein Jahr lang der Polizei zur Verfügung halten. Wie in Großbritannien sollen die gespeicherten Daten nicht den Inhalt, sondern nur Telefonnummern, Mail-Adressen und die Dauer der jeweiligen Kommunikation betreffen.

Die Nationale Datenschutzkommission hatte das Gesetz wegen des „Risikos gravierender Beeinträchtigung individueller Freiheitsrechte“ beanstandet. Bürgerrechtsgruppen warnten vor einem „Überwachungsstaat“. Sarkozy wies solche Warnungen als „Polemik“ zurück. Das Gesetz wurde mit 373 Stimmen verabschiedet. Die Sozialisten enthielten sich, 27 Abgeordnete stimmten dagegen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false