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Politik: Der Koordinator für den Balkan-Stabilitätspakt lockt die Wirtschaft mit einer Charta

Es wurde das große Werben. Um private Investoren.

Es wurde das große Werben. Um private Investoren. Und um deren Abenteuerbereitschaft. Und da war Bodo Hombach, der Koordinator der Europäischen Union für den Balkan-Stabilitätspakt, im Haus der Deutschen Wirtschaft in Berlin gerade richtig. Mehr als 300 Unternehmer aus Deutschland und der EU sowie Repräsentanten von rund 100 Balkan-Firmen sind angereist, um zwei Tage lang die Kooperationsbörse Süd-Ost-Europa zu nutzen - und um Mut zu schöpfen für ein gemeinsames Engagement in diesen von Planwirtschaft und Kriegen wirtschaftlich gebeutelten Krisenregionen.

"Die EU und ihre Institutionen haben ihre Verantwortung für den Balkan erkannt. Jetzt traut Euch auch", sagte Hombach, den der erste große Auftritt in Berlin nach seiner Ablösung als Kanzleramtsminister im Haus Schröder zu amüsieren schien. Eine "Traumaufgabe" hatte Hombach im August seinen Wechsel ins EU-Amt genannt. Und niemand hatte ihm das nach dem Krach in der SPD um seine Person geglaubt. Als abserviert galt der Kanzlerberater, zum Schutze von Gerhard Schröder. Jetzt ist er wieder da, hat nach all den hehren Worten der internationalen Gemeinschaft über ihre Balkan-Ambitionen etwas zu melden - und Vergnügen daran, "das Kapital" mitzureißen.

Wie er mit Unternehmen in Deutschland umgehen kann, hat er nicht verlernt. Es geht um viel: "Ohne Stabilität kein Frieden auf dem Balkan und ohne den Stabilitätspakt keine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik für Europa", bringt es Bodo Hombach auf den Punkt. Bedenken? Räumt er ein. Ja, es sei nicht ganz einfach, nicht ganz unbürokratisch, doch dann das Aber: "Wir haben eine Investitions-Charta entwickelt. Sie nennt die wichtigsten Hindernisse für Direktinvestitionen und wird für jedes Land individuelle Programme zu ihrer Beseitigung entwickeln." In einem dritten Schritt sollen alle Punkte dieser Charta abgearbeitet werden, bis alles gut ist. "So simpel wie überzeugend" nennt Hombach diesen "kleinen KSZE-Prozess", der an jene drei Körbe anknüpfen will, die Demokratie und Menschenrechte, wirtschaftlichen Wiederaufbau und Sicherheit für Europa brachten.

Nach vier Kriegen in zehn Jahren sitzen erstmals wieder alle an einem Tisch: die Länder Südosteuropas außer dem geächteten Regime Serbiens, die EU-Staaten, die Türkei, Russland, die USA, die großen internationalen Organisationen (Nato, OSZE) und alle Finanzinstitutionen. Rund 12 Milliarden Euro sollen in den nächsten sechs Jahren in die Region fließen, wenn, ja wenn die Regierungen auf dem Balkan Ernst machen mit Reformen in den Bereichen Wirtschaft, Rechtstaat, Soziales und Institutionen.

Mit Serbiens Präsident Milosevic plant im Sinne des Verursacherprinzips niemand. Stattdessen soll sich Widerstand lohnen: Auf Anregung von EU-Kommissionspräsident Prodi könnten schon bei der im Februar oder März geplanten Finanzkonferenz attraktive Projekte für Serbien vorgestellt werden, die umgesetzt werden können, sobald Serbien demokratisch regiert wird. Präventive Diplomatie also. "Aus Projekten müssen Baustellen werden", sagt Hombach mit Blick auf die Finanzkonferenz. So erklärt sich die Wirtschaft bereit. Und nimmt die Bundesregierung zum Abbau von Investitionshindernissen in die Pflicht: Bis heute bekommen viele Unternehmer vom Balkan kein Visum für Besuche in Deutschland.

Claudia Lepping

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