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Suche nach Wahrheit. Der NSA-Untersuchungsausschuss, das Bild zeigt den Vorsitzenden Patrick Sensburg (CDU), erhofft sich eine Klärung der Rolle des BND. Foto: imago

© imago/CommonLens

NSA und BND: Der NSA-Ausschuss darf Spähliste einsehen

Obleute des NSA-Untersuchungsausschusses können sich über BND-eigene Selektoren informieren. Sie dürfen aber mit niemandem darüber reden.

Der NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags kann sich aus erster Hand darüber informieren, welche Ziele der Bundesnachrichtendienst (BND) ausspioniert hat. Am kommenden Montag erhalten der Vorsitzende und die Obleute des Ausschusses im Bundeskanzleramt Einsicht in die Liste der sogenannten Selektoren, also der Telefonnummern oder E-Mail-Adressen, die im Visier des BND waren. Abgeordnete bestätigten am Dienstag einen Bericht von „Süddeutscher Zeitung“, NDR und WDR.

Zuvor war bekannt geworden, dass der BND europäische Verbündete ausgespäht hat, darunter soll Frankreichs Laurent Fabius sein. Selbst der deutsche Diplomat Hansjörg Haber soll vom BND abgehört worden sein. Bei der Liste, die die Obleute nun einsehen dürfen, handelt es sich um diese BND-eigenen Selektoren. Dagegen bleibt die Liste mit Selektoren des US-Geheimdienstes NSA, die der Ausschuss ebenfalls einsehen wollte, unter Verschluss. Diese Liste hat bisher nur ein von der Bundesregierung benannter Sonderermittler prüfen dürfen.

Von der Akteneinsicht erhofft sich der Ausschuss-Vorsitzende Patrick Sensburg (CDU) zunächst einmal eine Klärung, ob die BND-internen Selektoren überhaupt Gegenstand der Arbeit des Untersuchungsausschusses sein sollten. „Die Frage ist, ob der BND sie durch eigene nachrichtendienstliche Tätigkeit erworben hat oder durch Partnerdienste“, sagte Sensburg dem Tagesspiegel. Es sei notwendig, diesen strittigen Punkt zu klären. Diese Frage wird sich durch die Lektüre einer Liste mit Telefonnummern und E-Mail-Adressen allerdings kaum beantworten lassen. „Wir gehen davon aus, dass die Bundesregierung auf Nachfragen dazu Antworten geben wird“, sagte Sensburg.

Dass dem Ausschuss Einsicht gewährt wird, ist ein Zugeständnis

Zugleich wies er darauf hin, dass die BND-Liste eigentlich ein Thema für das Parlamentarische Kontrollgremium sei, das für die Kontrolle der deutschen Geheimdienste zuständig ist. Der Untersuchungsausschuss solle „nicht zu sehr BND-Ausschuss“ werden, sondern sich seiner Kernaufgabe widmen, der Tätigkeit der NSA in Deutschland.

Die Opposition hatte Ende Oktober beantragt, Einsicht in die BND-Selektorenliste zu nehmen. Zunächst hatte die Bundesregierung nur einer „Task Force“ des Parlamentarischen Kontrollgremiums gestattet, die geheime Liste zu sehen. Wenig später wurde bekannt, dass der BND auch den deutschen Diplomaten Haber und europäische Verbündete ausspioniert hatte. Im Jahr 2013 soll BND-Chef Gerhard Schindler dies gestoppt haben. In der NSA-Affäre hatte Kanzlerin Angela Merkel kurz zuvor gesagt: „Abhören unter Freunden geht gar nicht.“

Mit der Entscheidung, nun doch auch den Obleuten im NSA-Ausschuss Einsicht in die BND-Liste zu gewähren, betreibt die Bundesregierung offenbar Schadensbegrenzung: Hätte sie dies verweigert, dann hätte die Opposition wohl entweder eine Erweiterung des Mandats des bestehenden Untersuchungsausschusses oder gar einen weiteren Ausschuss beantragt. Und die durchaus brisanten Informationen über die Ausspähziele sind ohnehin bereits öffentlich geworden.

Die Opposition will über die Akteneinsicht klären, ob es Zusammenhänge zwischen den Selektorenlisten von BND und NSA gibt: „Es geht darum, inwieweit sich aus den BND-Selektoren Hinweise ergeben, dass diese in der Kooperation mit der NSA eine Rolle spielen“, sagte Martina Renner, Obfrau der Linken im NSA-Ausschuss, dem Tagesspiegel. Im Untersuchungsausschuss gibt es den Verdacht, dass sogar abgelehnte NSA-Selektoren vom BND übernommen worden sein könnten. „Die Frage ist auch, ob Daten, die über die BND-Selektoren gewonnen worden sind, an die NSA weitergegeben wurden“, sagte Renner. Neben der eigentlichen Liste können die Abgeordneten nach Renners Angaben auch Unterlagen einsehen, die im Rahmen der Prüfung der Selektoren entstanden seien.

Der Obmann der Grünen im Ausschuss, Konstantin von Notz, kritisierte das Prozedere der Akteneinsicht. „Das die Rechte des Ausschusses außer Kraft setzende Verfahren bleibt hochproblematisch.“ Sowohl die Selektoren als auch die Akten sollten dem gesamten Ausschuss zugänglich gemacht werden. Bisher ist vorgesehen, dass nur der Vorsitzende und die Obleute die Liste einsehen dürfen. Später dürfe sie nicht einmal mit ihrem Kollegen im Ausschuss darüber reden, kritisierte Renner. Die Akten fänden auf diese Weise auch keinen Eingang in die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses.

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