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Politik: Der Schatten des Präsidenten

Südkoreas Parlamentswahlen stehen ganz im Zeichen des Amtsenthebungsverfahrens gegen Staatschef Roh

Parlamentarier, die mit Schuhen werfen, ein Mann, der mit einer Wahlurne auf seine Kollegen losgeht, und Abgeordnete, die aus lauter Unmut die Nationalhymne immer wieder absingen. Vor rund vier Wochen enthob Südkoreas Parlament unter dem Protest der regierungsnahen Uri-Abgeordneten, aber mit deutlicher Zwei-Drittel-Mehrheit Präsident Roh Moo-Hyun des Amtes. Doch der Coup der Opposition aus Großer Nationalpartei (GNP) und Demokratischer Millenniumspartei (MDP) könnte ihr jetzt ein Debakel bei den Parlamentswahlen an diesem Donnerstag bereiten. Denn obwohl der frühere Menschenrechtsanwalt Roh von vielen Südkoreanern als ziemlich schwacher Präsident gesehen wird, ist eine mindestens ebenso große Mehrheit gegen das Amtsenthebungsverfahren.

Roh hatte wegen einer Spendenaffäre seit Monaten unter Druck gestanden und Ende Februar auf einer Pressekonferenz offen seine Sympathien für die liberale Uri-Partei gezeigt. GNP und MDP erwirkten das Impeachment, um dann völlig von dessen Folgen überrascht zu werden. Die beiden konservativen Parteien, die im scheidenden Parlament knapp 40 beziehungsweise 36 Prozent der Stimmen auf sich vereinen konnten, stürzten bei Umfragen ins Bodenlose, während die neu gegründete Uri-Partei auf 53,8 Prozent schoss. Das Pikante dabei: Dutzende von frustrierten MDP-Mitgliedern hatten Uri gegründet, nachdem Präsident Roh nach einem Streit selbst aus der Partei ausgetreten war.

Es sind vor allem die Wähler zwischen 20 und 30, bei denen Uri Erfolg hat. Die Partei wirbt etwas diffus für einen „sauberen Neuanfang“ und mit „Kampf gegen die Korruption“. Zudem steht die Partei wie Präsident Roh für einen Kurs der Annäherung an das kommunistische Nordkorea und für mehr Eigenständigkeit gegenüber den USA, was vor allem bei jungen Sükoreanern gut ankommt. Die konservative GNP reagierte darauf, indem sie für die Zukunft eine „flexiblere und zukunftsorientierte Nordkoreapolitik“ ankündigte, während die MDP sich gegen die geplante Entsendung von 3600 Soldaten in den Irak aussprach. Ein Beschluss, den die Nationalversammlung bereits mit breiter Zustimmung aller Parteien, einschließlich der MDP, gebilligt hatte.

Doch den eigentlichen Grund, warum die Sympathien für Uri seit dem Impeachment wieder geschrumpft sind, darf sich die Partei selbst zuschreiben. Ihr Vorsitzender Chung Dong Young hatte den Bürgern über 60 geraten, bei den Wahlen lieber zu Hause zu bleiben und die Jugend über die Zukunft des Landes entscheiden zu lassen. Die Empörung war groß, Chung trat als Wahlleiter seiner Partei zurück. Inzwischen liegt die GNP fast mit den Liberalen gleichauf, je nach Umfrage wird einer der beiden Parteien die absolute Mehrheit zugetraut.

Falls Uri die Mehrheit der 299 Sitze in der Nationalversammlung gewinnt, würde das die Regierungspolitik deutlich stärken, und damit auch den Präsidenten. Beobachter vermuten deshalb, dass dann das südkoreanische Verfassungsgericht, das als letzte Instanz über die Amtsenthebung zu urteilen hat, diese nicht bestätigen wird. Der Präsident könnte weiterregieren. Im Gegenzug hat Roh selbst für den Fall, dass Uri die Wahl verliert, seinen freiwilligen Rücktritt angekündigt.

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