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Politik: Der Schein von Harmonie

Der Papst besucht Spanien und ärgert sich über Premier Aznar

Der Besuch des Papstes in Madrid habe keinen politischen, sondern rein religiösen Charakter, versichert ein Vatikan-Sprecher. Das ist diplomatisch formuliert. Doch hinter den Kulissen wird der Spanien-Besuch des Oberhauptes der katholischen Kirche am Wochenende als politisch brisant eingeschätzt. Ausgerechnet die konservative Regierung des katholischen Spanien hat sich wegen des Irak-Krieges mit dem Papst überworfen.

In der Schlacht der Worte während des Irak-Krieges hatte Johannes Paul II. schwere Geschütze gegen Spaniens Führung aufgefahren: Der Krieg der Koalition gegen das arabische Land sei „ein Verbrechen“, ließ er Spaniens Regierungschef Jose Maria Aznar ausrichten. Als Aznar Ende Februar versuchte, den Papst bei einer Privataudienz zu besänftigen, soll das Kirchenoberhaupt gleich mehrmals wütend auf den Tisch geschlagen und gerufen haben: „Niemals darf Krieg dazu dienen, politischen Streit zu lösen.“

Der Papst ist, so hört man, tief enttäuscht von Aznar und seiner katholischen Regierungsmannschaft. Und dies erst recht vor dem Hintergrund, dass annähernd die Hälfte des Aznar-Kabinetts mit den fundamentalistischen Glaubensbewegungen „Opus Dei“und „Legionäre Christi“ sympathisiert.

Offiziell bemühen sich freilich sowohl die Kirche als auch Spaniens Regierung, die Spannungen herunterzuspielen. Die gesamte Regierung wird am Sonntagvormittag bei der Messe samt fünf Heiligsprechungen im Zentrum der Hauptstadt Madrid antreten, um den Ring des Papstes zu küssen. Beide Seiten sind an einem Bild der Harmonie interessiert: Spaniens Konservative rutschten durch den Irak-Krieg, der von der Mehrheit des Volkes abgelehnt wurde, auf den Tiefpunkt ihrer Popularität. Und der spanischen Kirche laufen derzeit die Gläubigen davon.

Ralph Schulze[Madrid]

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