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Politik: Der schwere Gang nach Rom

Spaniens Ministerpräsident Aznar trifft einen erzürnten Papst

Ihm wird nicht wohl gewesen sein, dem spanischen Regierungschef Jose Maria Aznar. Nachdem ihm am Mittwoch Frankreichs Präsident Jacques Chirac – einst engster Verbündeter – in Sachen Irak die kalte Schulter gezeigt hatte, kam es einen Tag später noch dicker. Kein geringer als der Papst las dem Katholiken während einer Privataudienz im Vatikan die Leviten und wies ihn auf seine Christenpflicht zum Frieden hin.

Johannes Paul II. ist erzürnt, dass ausgerechnet der Ministerpräsident Spaniens, eine der stärksten Festungen des katholischen Glaubens in der EU, sich so kompromisslos für den Krieg stark macht. „Niemals“, redete der Papst Aznar bereits vorher aus der Ferne ins Gewissen, dürfe der Krieg zum Mittel werden, „um politischen Streit zu lösen“. Und ein Vatikansprecher geißelte den geplanten Präventivkrieg als „Verbrechen“, weil er nicht der legitimen Verteidigung diene.

In einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der italienischen Tageszeitung „La Stampa“ erklärte Aznar, er habe höchsten Respekt vor dem Papst und werde ihm aufmerksam zuhören. Dennoch werde er seiner politischen Verantwortung nachkommen. Der Papst „weiß genau, dass nichts ohne Anstrengung aufgebaut werden kann, und dass Frieden nicht einfach kommt und vom Himmel fällt“, zitierte die Zeitung Aznar.

Der Ministerpräsident, in dessen Kabinett etliche Jünger der fundamentalistischen Glaubensorganisation Opus Dei sitzen, ließ bereits seinen Landsleuten ausrichten, dass der päpstliche Aufruf gegen den Krieg nicht bindend für die Katholiken sei. Das spanische Volk, das auch durch die nationale Bischofskonferenz zum Widerstand gegen den Krieg aufgerufen wurde, sieht dies anders. Der Pazifismus auf der Straße wächst täglich. Nach letzten Umfragen lehnen 95 Prozent der Spanier einen Krieg ohne UN-Mandat ab. Nur 12 Prozent befürworten den Waffengang mit UN-Billigung. Eine in Europa rekordverdächtige Massenverweigerung.

Ralph Schulze[Madrid]

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