zum Hauptinhalt
Darf nach der Verschärfung der Rüstungsexportrichtlinien nicht mehr nach Saudi-Arabien exportiert werden: Kampfpanzer vom Typ Leopard 2. Die Opposition in Deutschland fordert nun den Stopp aller Rüstungsexporte in das Land.

© dpa

Der Westen und Saudi-Arabien: Als Partner unverzichtbar

Nach der Hinrichtung Dutzender von Angeklagten in Saudi-Arabien steht auch die deutsche Politik vor der Frage, ob das Konsequenzen für das Verhältnis haben muss. Eine Analyse.

Von Hans Monath

Die Opposition in Deutschland verlangt einen klaren Schnitt. Nach der Massenhinrichtung in Saudi-Arabien und der darauffolgenden diplomatischen Krise zwischen Riad und Teheran fordern Grüne und Linkspartei das Ende aller deutschen Waffenexporte in das Königreich. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt will gar einen sofortigen Stopp aller Handelsbeziehungen mit den Hütern der heiligen Stätten des Islam. Nötig sei nun "ein Stoppschild - und zwar ein ganz großes", sagte sie im ZDF-Morgenmagazin.

Zu solchen weitgehenden Schritten ist die Bundesregierung allerdings nicht bereit. Stattdessen appellierte sie ähnlich wie die USA, China und Russland an beide Staaten, wieder den Dialog zu suchen. Begründung: Die Zusammenarbeit beider Mächte sei die Voraussetzung für eine politische Lösung der Konflikte in Syrien und im Jemen und für die Stabilität der gesamten Region.

Die Bundesregierung wolle mit Riad weiter einen "konstruktiven, partnerschaftlichen Dialog" pflegen, kündigte Regierungssprecher Steffen Seibert an - denn nur dann habe man Einfluss und könne auch "über Trennendes sprechen". Die Hinrichtungen, die wie andere Menschenrechtsfragen zum "Trennenden" gehören, verurteilte die Bundesregierung. Den Begriff "strategischer Partner", mit dem die schwarz-gelbe Vorgängerregierung ihre hohen Erwartungen an das Verhältnis zu Saudi-Arabien beschrieben hatte, vermied Seibert aber.

Auch deutsche Bemühungen und eine Reise von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) nach Riad und Teheran hatten dazu beigetragen, dass Vertreter der beiden verfeindeten Staaten Ende Oktober bei den Wiener Verhandlungen zur Zukunft Syriens erstmals gemeinsam an einem Tisch saßen. Doch macht sich in Berlin kaum jemand Illusionen, dass der deutsche Einfluss auf Saudi-Arabien im Vergleich zu dem der USA gering ist.

Ärger über die Atomverhandlungen mit dem Iran

Die westliche Führungsmacht und das Königshaus verbindet seit Jahrzehnten eine ganz besondere Beziehung, die in den vergangenen Jahren aber immer wieder schweren Belastungsproben ausgesetzt war. Dazu gehören vor allem unterschiedliche Bewertungen des Militärputsches gegen die Islamisten in Ägypten, die amerikanische Zögerlichkeit bei der Unterstützung der oppositionellen Kämpfer gegen Präsident Baschar al-Assad in Syrien und vor allem die Atomverhandlungen mit dem Iran, bei denen die USA auf saudische Warnungen vor einer Vormachtstellung des schiitischen Konkurrenten in der Region wenig Rücksicht nahm. Zudem werden die USA dank des heimischen „Frackings“ in ihrer Energieversorgung zunehmend unabhängiger vom weltgrößten Produzent von Erdöl. Der gilt auch seiner strategischen Lage wegen in Washington immer noch als Stabilitätsanker der Region und entscheidender Partner im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Das sieht auch die Bundesregierung und sehen wichtige EU-Länder ähnlich.

Nach Ansicht von Markus Kaim bedeutet die neue Eskalation zwischen Saudi-Arabien und dem Iran aber eine "krachende Ohrfeige" für die deutsche und europäische Politik der "Ertüchtigung". "Das Konzept, dass man ein Land als Schlüsselpartner für Sicherheit und Stabilität in der Region aufbaut und im Gegenzug Einfluss auf diesen Partner gewinnt, ist gescheitert", sagt der Sicherheitsexperte der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Es sei eine Illusion zu glauben, ein Land wie Saudi-Arabien lasse sich von außen beeinflussen. "Weder Waffen noch politische Unterstützung können daran etwas ändern."

Aber auch vom amerikanischen Partner hat sich die neue Führung in Riad nach dem Tod von König Abdullah Anfang des Jahres zunehmend unabhängig gemacht, wie auch der weitgehende Alleingang Riads im Krieg im Jemen zeigt. Doch an amerikanischen Waffen ist Saudi-Arabien, das deren wichtigster Abnehmer ist, weiter sehr interessiert. Im Oktober kündigte die US-Regierung an, modernste Waffensysteme im Wert von mehr als zehn Milliarden Dollar an das Königreich und die Vereinigte Arabische Emirate zu liefern, um nach dem Atomdeal mit Teheran das Kräftegleichgewicht in der Region zu wahren.

Deutsche Waffenexporte nach Saudi-Arabien erreichen diese Dimension bei weitem nicht. Laut Rüstungsexportbericht genehmigte die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2015 die Lieferung von Rüstungsmaterial im Wert von rund 180 Millionen Euro. Kampfwaffen wie Panzer und Waffen, die zur Repression im Inneren eingesetzt werden können, sind laut Wirtschaftsministerium nicht darunter. Die nämlich fallen unter die verschärften Kriterien für Waffenexporte, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) durchgesetzt hatte. Gabriel kündigte nun an, er wolle auch prüfen ob „defensive Rüstungsgüter“ für die Saudis kritischer als bisher beurteilt werden müssten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false