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Politik: Deutsche Polizisten schützen Bush

Zum G8-Gipfel wird Evian zur Festung. 11 000 französische Soldaten bewachen die Staatschefs. Den Genfer Airport lässt Schily sichern

Bislang war die französische Kleinstadt für ihr edles Mineralwasser bekannt. Nun bahnt sich neuer Ruhm an: In Evian treffen sich Anfang Juni die Staats- und Regierungschefs der mächtigsten Industriestaaten zum G-8-Gipfel. Und mit ihnen ein Tross von 30 000 weiteren Menschen – Techniker, Pressesprecher, Journalisten, Redenschreiber, Dolmetscher und Sicherheitskräfte. Seit Monaten bereitet sich die idyllisch am Genfer See gelegene Gemeinde generalstabsmäßig auf dieses Großereignis vor.

Die französischen Behörden wollen sich nicht nur gegen mögliche Ausschreitungen von Globalisierungsgegnern wappnen – vor dem Hintergrund der jüngsten weltweiten Terrorwarnungen spielen die Sicherheitsvorkehrungen eine noch wichtigere Rolle als sonst. Dennoch hat die französische Regierung den Terror-Alarm um eine Stufe heruntergesetzt: Vor dem Gipfel sollte ganz bewusst Normalität demonstriert werden. Allerdings sollen zusätzlich 11 000 französische Soldaten eingesetzt werden.

Die nahe Schweiz erwartet derweil die größten Proteste in ihrer Geschichte. Vor allem Genf und Lausanne könnten zum Schauplatz von Randale und Verwüstungen werden. Die beiden Städte werden zum Einsatzgebiet deutscher Polizeieinheiten. Rund 1000 Ordnungshüter aus der Bundesrepublik werden in die Westschweiz abkommandiert, um den helvetischen Kollegen zur Seite zu stehen. Laut Plan sollen rund 900 Deutsche den Genfer Flughafen Cointrin schützen: Dort landen am 1. Juni US-Präsident George W. Bush, Bundeskanzler Gerhard Schröder und die anderen G-8-Teilnehmer. Die übrigen deutschen Polizisten werden nach Lausanne beordert, wo die G-8-Gegner ebenfalls zu einer Protestaktion aufmarschieren. Die Deutschen sollen die Demonstranten mit Wasserwerfern in Schach halten – die Spritzgeräte stammen aus der Bundesrepublik.

Eine Mannschaft des französischen Verfassungsschutzes reiste derweil nach Evian, um diskret zunächst festzustellen, wer in der Stadt überhaupt das Wohnrecht hat. Nach Evian dürfen seit Anfang Mai nur die 12 000 Einwohner. Freundlich, aber bestimmt gab ihnen Polizeichef Georges Ambroise den Rat: „Laden Sie in der nächsten Zeit besser keine Freunde von außerhalb ein.“ Die Stadt am See mit dem Alpenpanorama im Hintergrund hat sich völlig verschanzt. Jeden Tag steige der Druck ein bisschen mehr, sagen die Bewohner.

Schon seit Anfang April pirschen verdeckte Ermittler durch das Zentrum Evians, beobachten den kleinstädtischen Tagesablauf, notieren kleinste Veränderungen und beäugen Neuankömmlinge, um Vorbereitungen etwaiger Störer oder womöglich Terroristen auf die Spur zu kommen. Wie in einem James-Bond-Film, freuen sich Schüler, die zufällig Augenzeugen einer Polizeiübung wurden, bei der ahnungslose Urlauber in ihren Booten auf dem See von einer aus der Luft landenden Spezialeinheit zur Personenkontrolle aufgefordert wurden.

Evian wurde für das „Hochsicherheits-Ereignis“ ausgewählt, weil die Kleinstadt einer Enklave gleicht – natürlich begrenzt vom Genfer See auf der einen Seite und den Bergen auf der anderen. Frankreich will partout Straßenschlachten wie in Genua beim Gipfel 2001 vermeiden, bei denen ein italienischer Demonstrant ums Leben kam.

Sabine Heimgärtner[Paris], Jan Dirk Herber

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