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Politik: Deutsche Rechtsextremisten: Braune Internationale

Sie nennen sich "national" und pflegen doch reichlich internationale Kontakte. Vom Baltikum bis Italien, von Schweden über die Ukraine bis nach Russland reichen die Verbindungen deutscher Rechtsextremisten, ungeachtet der im eigenen Land propagierten Fremdenfeindlichkeit.

Von Frank Jansen

Sie nennen sich "national" und pflegen doch reichlich internationale Kontakte. Vom Baltikum bis Italien, von Schweden über die Ukraine bis nach Russland reichen die Verbindungen deutscher Rechtsextremisten, ungeachtet der im eigenen Land propagierten Fremdenfeindlichkeit. Welche Gestalt die braune Internationale zumindest in Europa angenommen hat, ist nun der umfangreichen Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der PDS-Fraktion im Bundestag zu entnehmen.

Demnach sind deutsche Ultras in 21 Ländern des Kontinents unterwegs. Die Aktivitäten reichen von Versuchen, deutsche Minderheiten aufzuwiegeln über Besuche von Skinhead-Konzerten und gemeinsame Aufmärsche zum Gedenken an Rudolf Heß bis zu einem "Kooperationsabkommen" der NPD mit der ukrainischen Rechtsaußenpartei UNA (Ukrainische Nationalversammlung). Ein Punkt lautet: "Jugendausbildungslager" mit NPD-Beteiligung in den Karpaten.

Aufmärsche in Dänemark

Weitere Beispiele. Horst Mahler, einst RAF-Terrorist und heute Mitglied der NPD, referiert im Juli 2000 auf einem Kongress der italienischen "Forza Nuova" über seine linke Vergangenheit. Forza Nuova, 1997 von den ehemaligen Rechtsterroristen Roberto Fiore und Massimo Morsello gegründet, ist laut Bundesregierung "eine der aktivsten ausländischen Organisationen, die die NPD massiv in ihrem Kampf gegen das Parteiverbot unterstützt".

Schweden: Deutsche Neonazis beteiligen sich 1999 an den "Hitlerfeierlichkeiten" der militanten "Nationalsocialistisk Front". Litauen: Ein deutscher Rechtsextremist bringt einen "Pressedienst" heraus, in dem über eine angebliche Weltverschwörung jüdischer "Internationalisten" berichtet wird. Großbritannien: Mitglieder der "British National Party" (BNP), die größte rechtsextreme Organisation im Land, treffen sich mit NPD-Leuten. BNP-Anhänger kommen auch nach Deutschland, besuchen Kongresse der NPD und beteiligen sich Ende November 2000 an einem Aufmarsch in Berlin. Dänemark: Deutsche Neonazis laufen bei Rudolf-Heß-Märschen der Gruppe "Danmarks Nationalsocialistike Bevaegelse" (DNSB) mit. Im Gegenzug tritt deren Chef, Jonni Hansen, im letzten Jahr bei der 1. Mai-Kundgebung der NPD in Berlin auf. Welches Ausmaß die Kooperation annehmen kann, zeigt sich 2000 in den Niederlanden: Dort kandidiert der deutsche Neonazi Christian Malcoci in Kerkrade bei den Kommunalwahlen für die "Nederlandse Volksunie". In Russland wird ein "Republikaner" sogar vom Parlament hofiert. Vor Abgeordneten der Staatsduma hält der hessische Rechtsextremist einen Vortrag über die "deutsch-russischen Beziehungen". Frankreich: Anfang 2000 fahren 800 deutsche Skinheads zu drei rechten Konzerten in der Region Straßburg.

Musik verbindet Skinheads

Über das Medium Musik sind in der Skinheadszene Kontakte nach Polen und Tschechien möglich. Obwohl beide Länder am längsten unter dem Terror der Nazis gelitten haben, kommen einheimische und deutsche Kahlköpfe bei Konzerten zusammen. So veranstaltet im Februar 2000 das international agierende Skinhead-Netzwerk "Blood & Honour" den Auftritt mehrer Bands in Polen. Unter den 500 Besuchern beobachten die Sicherheitsbehörden "zahlreiche Besucher anderer Nationalitäten, darunter auch Deutsche". In Tschechien treffen sich deutsche und einheimische Skinheads sogar zu paramilitärischen Übungen.

Besonders eng sind die Beziehungen zwischen deutschen und österreichischen Neonazis - die "Ostmark" gilt nicht als Ausland. Nachgelassen haben allerdings Versuche, deutsche Minderheiten in Polen oder im russischen Teil Ostpreußens aufzuhetzen. Die Bundesregierung hat offenbar gegengesteuert. Nach einer "Anregung" aus Berlin gibt der Verband der "Deutschen Sozial-Kulturellen Gesellschaften in Polen" eine Geldspende des NPD-nahen "Freundschafts- und Hilfswerks Ost (FHWO)" zurück - und drängt den FHWO-Vorsitzenden erfolgreich zum Austritt.

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