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Deutsche Soldaten bilden im Irak kurdische Kämpfer aus. Auch Waffen werden geliefert.

© dpa

Deutsche Rüstungsexporte: Weniger Gewehre, mehr Munition

Deutschland exportiert nicht mehr so viele Kleinwaffen, insgesamt bleiben die Rüstungsausfuhren aber hoch. Kritik gibt es vor allem an Lieferungen nach Saudi-Arabien und in die Vereinigten Arabischen Emiraten.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kann einen Erfolg verbuchen. Laut dem neuesten Rüstungsexportbericht, der am heutigen Mittwoch im Kabinett beraten werden soll, hat die Bundesregierung die Ausfuhr von Kleinwaffen zurückgefahren. Zu Kleinwaffen zählen Maschinenpistolen und -gewehre. Mit ihnen werden in Bürgerkriegen wie in Syrien die meisten Zivilisten getötet.

Gabriel hatte zu Beginn der Legislaturperiode eine deutlich restriktivere Exportpolitik bei Rüstungsgütern angekündigt. Vor allem die Ausfuhrgenehmigungen in Krisenländer und autoritäre Staaten wollte er kritischer prüfen als seine Vorgänger.

Die Ausfuhr von Kleinwaffen ging seither stark zurück. In den ersten sechs Monaten 2016 sank der Wert der Genehmigungen für Kleinwaffen im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres erneut, diesmal allerdings nur leicht von 12,4 Millionen auf 11,6 Millionen Euro. Gleichzeitig kletterte der Wert der Genehmigungen für Munition von 27 Millionen auf 283,8 Millionen Euro – eine glatte Verzehnfachung. Wobei 275 Millionen Euro davon allerdings auf EU- und Nato-Staaten (inklusive der Nato-gleichgestellten Länder Australien, Neuseeland, Japan, Schweiz) entfielen. 5,4 Millionen Euro sind dem Irak zuzurechnen. Dort unterstützt Deutschland die Kurden im Kampf gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“ mit Waffenlieferungen.

Kritiker bewerten den Rückgang der Kleinwaffenexporte positiv, den angekündigten Kurswechsel bei Rüstungsexporten sehe sie jedoch nicht, sagte Barbara Happe von der Organisation „Urgewald“, die internationale Finanzströme analysiert, dem Tagesspiegel. Die Gesamtbilanz der deutschen Rüstungsexporte bleibe weit hinter den Versprechen Gabriels zurück. „Besonders problematisch ist, dass zu den Top ten der Empfängerländer deutscher Waffen weiter Länder mit verheerender Menschenrechtsbilanz gehören“, so Happe. Konkret nannte sie die Vereinigten Arabischen Emirate und Saudi-Arabien.

Tatsächlich genehmigte die Bundesregierung im ersten Halbjahr 2016, wie schon seit Juni bekannt ist, insgesamt Ausfuhren von Waffen und Ausrüstung im Wert von 4,029 Milliarden Euro. Das ist mehr als eine halbe Milliarde mehr als im Vorjahreszeitraum. Größter Posten war eine Fregatte für Algerien, die eine Milliarde Euro kostet. Damit liegt das nordafrikanische Land auf Platz eins der wichtigsten Bestimmungsländer. Saudi-Arabien bleibt auf Platz drei, der Gesamtwert der Lieferungen vervielfachte sich dabei sogar von 179 Millionen auf etwa 484 Millionen Euro. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) rückten von Platz 13 im ersten Halbjahr 2015 auf Platz sieben der Hauptabnehmer deutscher Rüstungsgüter vor, die Türkei von Platz 25 auf Rang acht.

Kritik kommt auch von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). So stellte Militärbischof Sigurd Rink kürzlich die Waffenlieferungen an die Kurden im Irak infrage. Grundsätzlich sei es richtig, Partner „zu ertüchtigen“, sagte Rink bei einer Pressekonferenz. Das müsse aber nicht unbedingt durch Waffenlieferungen geschehen. „Die Frage ist doch, wo bleiben diese Waffen?“ Er befürchtet, die kurdischen Peschmerga könnten deutsche Waffen weiterverkaufen. „Wir sind gespannt, wo wir die von Deutschland gelieferten Sturmgewehre in ein paar Jahren wiederfinden“, so Rink.

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