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Bundeshaushalt: Was kostet Hartz IV wirklich?

Dem Vernehmen nach haben sie jetzt im Haushaltsausschuss einmal richtig gelacht: Als der Arbeitsminister versicherte, dass der Ansatz für die Hartz-IV-Ausgaben natürlich realistisch sei – und es dann bei der Frage nach Fehleinschätzungen vergangener Jahre peinlich wurde.

Tatsächlich lagen die Ausgaben für das Arbeitslosengeld II im Jahr 2006 um zwei Milliarden über dem Haushaltsansatz. 2007 hatte sie das Ministerium um 1,25 Milliarden unterschätzt. Selbst im Aufschwungjahr 2008 erwies sich seine Hartz-IV- Prognose als viel zu optimistisch. Obwohl die Arbeitslosenzahl erstmals seit 16 Jahren unter drei Millionen sank, fehlen im aktuellen Etat für Langzeitarbeitslose wieder 800 bis 900 Millionen Euro.

Wenn man für Hartz IV schon in Zeiten eines brummenden Arbeitsmarktes mindestens 21,7 Milliarden benötige, fragt der Chef des Haushaltsausschusses, Otto Fricke (FDP), wie wolle man dann ausgerechnet 2009 mit 1,45 Milliarden weniger auskommen? Die 20,25 Milliarden seien realistisch, habe Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) den Haushältern „mit seinen treuen Augen“ versichert, berichtete der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Steffen Kampeter. Nun obliege es Scholz, durch effektivere Vermittlung der Arbeitslosen Geld zu sparen. Wenn für Arbeitslosengeld II mehr ausgegeben werden müsse, sei das bisher stets durch geringere Ausgaben für Arbeitsmarktpolitik gegenfinanziert worden.

"Bewusstes Risiko" und "Buchungstricks"

Ein ehrlicher Ansatz hätte allemal bei 22 Milliarden liegen müssen, sagte Fricke dem Tagesspiegel. Schließlich gehe auch die Regierung nicht von einem Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit aus. Zudem soll die Rente im Juli 2009 um 2,75 Prozent steigen – mit entsprechenden Auswirkungen auf den Hartz-IV-Regelsatz. Wieder einmal gehe die Koalition ganz bewusst das Risiko einer hohen Deckungslücke ein. Dahinter stecke sowohl die Gewissheit, dass man das Geld schon noch nachträglich bekomme, als auch die Überlegung, „dass der Haushalt ja nur bis zum Wahltermin im September halten muss“, mutmaßt Fricke. „So darf und kann man aber keine Wahlen gewinnen.“

Von „Buchungstricks“ sprach auch Grünen-Haushälter Alexander Bonde: „Die Koalition tut so, als könnte man den Arbeitsmarkt von der wirtschaftlichen Entwicklung abkoppeln.“ Das Risiko für den Haushalt 2009 bei den Ausgaben für Arbeitslosengeld II und Unterkunftskosten bezifferte Bonde auf insgesamt 3,5 Milliarden Euro.

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