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Boelling

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Klaus Bölling: Nicht nur Schmidts Stimme

Klaus Bölling wird 80. Es steht außer Zweifel, dass seine Jahre als Regierungssprecher von 1974 bis 1982 die Glanzzeit seines Lebens waren. Er gehörte zum legendären "Kleeblatt", dem engsten Beraterkreis von Helmut Schmidt.

Wer Klaus Bölling ist, muss man nicht erklären. Dass er Regierungssprecher war in der Ära Schmidt und einer der Besten in diesem schwierigen Amt, steht im Geschichtsbuch. Auch kann man ihn immer wieder einmal lesen, hören und sehen – als Kolumnist, als Gast dieser oder jener Veranstaltung, als Zeitzeuge. Da kann man dann erleben, wie begründet sein Ruf als blendend formulierender und hoch präsentabler Mann noch immer ist. Aber was er war und ist, sollte erinnert werden. Denn sein Typus und die Existenz, für die er steht, geraten langsam an den Rand des Bewusstseins der Öffentlichkeit.

Lichtjahre weit entfernt scheint schon die Herkunft, das Milieu eines preußisch-Potsdamer Elternhauses: der Vater Beamter, konservativ-revolutionär gestimmt, aber Hitler-Gegner, die Mutter Jüdin, die Auschwitz überlebte. Dann Zusammenbruch und Stunde Null, eine Zeit der Irrungen und Wirrungen: Bölling hegte erst Sympathien für den Kommunismus, brach dann, 1947, früh mit diesem „Gott, der keiner war“ – wie seinerzeit der Titel eines berühmten Buchs von Exkommunisten hieß –, war schließlich, als Neunzehnjähriger, Journalist beim Tagesspiegel, dessen erster Volontär er wurde.

Dann der stürmische Aufstieg in der schönen neuen Nachkriegsmedien-Welt: Redakteur, Kommentator, Korrespondent, bald schon beim rasch aufsteigenden Fernsehen, Posten zwischen Belgrad und Washington, Chefredakteur und sogar Intendant, wenn auch nur beim kleinen, feinen Radio Bremen. Man nennt die zwischen den ausgehenden zwanziger und den mitt-dreißiger Jahren Geborenen seit einiger Zeit die 45er-Generation, weil sie mit der frischen Erfahrung dieser Zäsur ins Erwachsenenleben traten. Man muss Bölling im Zusammenhang dieser Generation sehen, um ihm gerecht zu werden: ein kritischer Kopf, offen für den Zeitgeist, SPD-Mitglied aus der Zeit, in der die Partei auf ihr Godesberger Programm zusteuerte, aber auch schon zeitig auf der Hut gegenüber dem „journalistischen Freikorpsgeist“ links-aufsässiger Observanz, der in den sechziger Jahren um sich zu greifen begann. Eine solche Erfahrung führte – oder verführte – damals leicht zur Politik, Conrad Ahlers, Günter Gaus oder auch Klaus von Dohnanyi sind andere Beispiele dafür. Zumal dann, wenn, wie 1974, ein Mann vom Format Helmut Schmidts rief. Und es steht außer Zweifel, dass Böllings Jahre als Regierungssprecher von 1974 bis 1982 die Glanzzeit seines Lebens waren. Denn er war nicht nur prädestiniert wie kaum ein anderer für die Vermittlung zwischen Politik und Öffentlichkeit. Er gehörte auch zum legendären „Kleeblatt“, dem engsten Beraterkreis von Helmut Schmidt.

Seit einem Vierteljahrhundert ist Klaus Bölling wieder Berliner, frei von staatlichen Ämtern und deshalb – wie er ätzt – nicht mehr gehalten, „jedem Mistkerl die Hand zu geben“. Ein bisschen anders hätte er sich diese Jahre wahrscheinlich schon vorgestellt, doch die Berliner SPD konnte mit ihm so wenig anfangen wie er, vermutlich, mit ihr. Er trug es mit Gelassenheit. Ein Charakter bleibt ein Charakter. An diesem Freitag wird Klaus Bölling 8o Jahre alt. 

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