zum Hauptinhalt

Politik: Deutschlandtrend: Schwarz-Gelb steht ohne Mehrheit da Klare Stimmungsgewinne für Schröder und SPD

Verzögert Tod einer Kandidatin die Kanzlerwahl?

Von

Berlin/Dresden - Gut eine Woche vor der Bundestagswahl zeichnet sich immer klarer ein äußerst knappes Ergebnis ab. Nach dem Deutschlandtrend im Auftrag von ARD-„Tagesthemen“ und Tagesspiegel haben Union und FDP ihre Mehrheit verloren – offenkundig unter dem Eindruck des TV-Duells zwischen Kanzler Gerhard Schröder (SPD) und Unions- Kanzlerkandidatin Angela Merkel. Die endgültige Entscheidung über die Mehrheiten im künftigen Bundestag könnte in einem Wahlkreis in Dresden fallen. Dort musste wegen des Todes der NPD-Kandidatin die Wahl am Donnerstag gemäß Wahlgesetz abgesagt werden. Sie soll spätestens Anfang Oktober nachgeholt werden. Bei einem sehr knappen Bundesergebnis könnten damit Koalitionsgespräche und Kanzlerwahl verzögert werden.

Nach dem Deutschlandtrend kommen Union (41 Prozent, minus zwei Punkte zur Vorwoche) und FDP (6,5) zusammen nur noch auf 47,5 Prozent. Rot-Grün ist jedoch noch weiter von einer Mehrheit entfernt: Die SPD kommt auf 34 Prozent, die Grünen erreichen sieben Prozent. Die Linkspartei kann mit 8,5 Prozent rechnen. Damit bestätigt sich der Trend einer Forsa-Umfrage vom Vortag. Nach Tagesspiegel-Informationen zeigt auch das ZDF-Politbarometer, das heute veröffentlicht wird, eine ähnliche Tendenz.

Nach dem für den Kanzler erfolgreichen TV-Duell haben sich die Umfragewerte für Schröder und die SPD innerhalb weniger Tage zum Teil enorm verbessert. Vor allem bei den Themen Steuerpolitik, Rente und soziale Gerechtigkeit konnten die Sozialdemokraten bis zu 12 Punkte zulegen. Schröder selbst konnte im direkten Vergleich zu Merkel nochmals deutlich Punkte machen. Er gilt nun als bürgernäher und tatkräftiger als die CDU-Chefin. Bei einer Direktwahl des Kanzlers würden sich 54 Prozent für Schröder (plus sechs) und 35 Prozent für Merkel entscheiden (minus sieben).

Allerdings liegt Merkel bei der Frage nach den richtigen Zukunftskonzepten leicht vor dem Amtsinhaber. Zudem glauben zwei Drittel aller Wähler nicht mehr, dass Schröder die Wahl gewinnt. Auch liegt die Union bei den Themen Wirtschaft und Arbeit deutlich vor der SPD. Fraglich ist, ob Schröder innerhalb einer Woche noch sein Wahlziel von 38 Prozent erreicht, denn mittlerweile sind nur noch 15 Prozent aller Wähler unentschlossen, wie sie sich entscheiden. 36 Prozent der Befragten wünschen sich eine große Koalition von Union und SPD, 29 Prozent plädieren für Schwarz- Gelb.

Angesichts eines möglichen knappen Ergebnisses könnten die 290000 Bürger im Wahlkreis Dresden I bei der Nachwahl den Ausschlag geben. Die 43-jährige NPD-Kandidatin Kerstin Lorenz starb am Mittwoch nach einem Hirnschlag. Dresden I war 2002 zwischen CDU und SPD hart umkämpft, zudem geht es in Sachsen um bis zu drei Überhangmandate für die Union. Lorenz hatte im vergangenen Jahr entscheidend dazu beigetragen, dass die NPD ohne größere rechtsextreme Konkurrenz bei den Landtagswahlen in Sachsen antreten konnte. Die damalige Landesvorsitzende der Republikaner zog gegen den Willen des Bundesvorstands die Teilnahme der Partei an der sächsischen Wahl zurück. Einem Parteiausschlussverfahren kam sie mit dem Austritt zuvor. Lorenz wechselte zur NPD und wurde „Bürgerbeauftragte“ der NPD-Fraktion im sächsischen Landtag. Sie hinterlässt ihren Ehemann und zwei Kinder.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false