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Politik: Deutschtürken: 86 Prozent für Rot-Grün

Berlin - Zumindest bei den türkischstämmigen Wählern wird die SPD wohl ein Traumergebnis erzielen. Laut einer Umfrage der türkischen Boulevardzeitung „Hürriyet“ wollen 77 Prozent der Deutsch-Türken ihr Kreuz bei den Sozialdemokraten machen.

Berlin - Zumindest bei den türkischstämmigen Wählern wird die SPD wohl ein Traumergebnis erzielen. Laut einer Umfrage der türkischen Boulevardzeitung „Hürriyet“ wollen 77 Prozent der Deutsch-Türken ihr Kreuz bei den Sozialdemokraten machen. Die Union scheitert bei dieser Wählergruppe an der Fünf-Prozent-Hürde. Sie erhält 4,8 Prozent. Schlechter schneidet nur die FDP mit 1,2 Prozent ab. Die Linkspartei (7,8 Prozent) und die Grünen (9,2 Prozent) stehen ähnlich da wie im Bundesdurchschnitt. „Hürriyet“ befragte in den vergangenen Tagen mehrere tausend deutsch-türkische Wähler telefonisch.

Der Mannheimer Politologe und Wahlforscher Andreas Wüst bestätigt die Tendenz: „Man kann von mehr als 80 Prozent Zustimmung für Rot-Grün unter den deutsch-türkischen Wählern ausgehen.“ Mit etwa 500000 Wählern stellen die Deutsch-Türken derzeit knapp ein Prozent der Wahlberechtigten.

Für Wüst ist die entscheidende Frage aber nicht, für wen sich die Deutsch-Türken entscheiden, sondern wie stark es SPD und Grünen gelingt, sie zu mobilisieren. In diesem Zusammenhang ist der Besuch von Bundeskanzler Gerhard Schröder beim größten türkischen Medienkonzern Deutschlands zu sehen. Der Dogan Media Group im hessischen Mörfelden- Walldorf gehören unter anderem die Zeitungen „Hürriyet“, „Milliyet“ und der Fernsehsender CNN-Türk. Konzernchef Aydin Dogan lobte Gerhard Schröder für dessen positive Haltung zum EU-Beitritt der Türkei.

Doch für die Mehrzahl der Deutsch- Türken spielt der EU-Beitritt bei der Wahlentscheidung keine vorrangige Rolle. Dirk Halm vom Zentrum für Türkeistudien in Essen glaubt, dass soziale Themen entscheidender seien. „Viele Türken der ersten Einwanderer-Generation haben ihre Parteibindung über die Gewerkschaften erfahren. Sie sind enttäuscht von den Hartz-Reformen der Bundesregierung und tendieren jetzt stärker zur Linkspartei.“ Auf der anderen Seite, so Halm, gebe es zunehmend auch junge und besser ausgebildete türkischstämmige Wähler. Deren Wahlverhalten sei weniger vorhersehbar. Die Frage, wer eine gute Integrationspolitik anbiete, stehe aber auch für sie im Vordergrund.

Bülent Arslan vom CDU-Landesvorstand Nordrhein-Westfalen schätzt das Wählerpotenzial für die Union unter den Deutsch-Türken auf 60 Prozent. Viele Türken stünden in gesellschaftspolitischen Fragen wie etwa der Homo-Ehe der Union näher als Rot-Grün, so Arslan. Er ist eins von bundesweit 2000 türkischstämmigen Mitgliedern der Union. Er beklagt: „Meine Partei verkauft sich bei den Deutsch-Türken zu schlecht. Die Linke hat eine freundlichere Rhetorik.“

Unterdessen hat der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) 6000 Deutsch-Türken von der Wahl ausgeschlossen, weil sie sich ihre alten türkischen Pässe wieder besorgten. Die doppelte Staatsbürgerschaft ist in Deutschland nicht zulässig. „Wer dennoch wählt, macht sich strafbar“, warnte Beckstein. Er hatte alle seit 1998 eingebürgerten Deutsch-Türken anschreiben lassen und nach ihren alten Pässen gefragt.

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