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DGB-Studie: Gute Arbeit, schlechte Arbeit

Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat den Index „Gute Arbeit“ vorgestellt. In welchen Branchen sind die Arbeitnehmer am zufriedensten?

Ganz unten ist ganz schlecht. Wer in Deutschland für seine Arbeitskraft nicht gut bezahlt wird, kriegt es dann auch noch vom Chef knüppeldick und ist überhaupt arm dran. Die „Schlechtestbezahlten“, wie DGB-Chef Michael Sommer sagt, berichten viel häufiger als die Gutbezahlten von „großen gesundheitlichen Belastungen, respektlosem Umgang, schlechter Führungsqualität und einem Mangel an Aufstiegschancen“. Einmal unten, immer unten. Im Auftrag des DGB hat das Internationale Institut für empirische Sozialökonomie (Inifes) 6000 Arbeitnehmer über die Situation an ihrem Arbeitsplatz befragt und kommt dabei unter anderem zu dem Schluss: Je niedriger das Einkommen, desto schlechter auch die Arbeitsbedingungen. So qualifizieren 61 Prozent der befragten Hilfsarbeiter ihre Tätigkeit als schlechte Arbeit ab. „Gute Arbeit hingegen kennen sie überhaupt nicht“, heißt es lapidar in dem Bericht.

Gute Arbeit haben die Beschäftigten in naturwissenschaftlichen Berufen. Das belegt einen schlichten Zusammenhang: Je besser Ausbildung und Qualifikation, desto höher das Einkommen, die Wertschätzung am Arbeitsplatz, Aufstiegs- und Qualifizierungsmöglichkeiten, kollegiale Umgangsformen und desto geringer psychische und physische Belastungen.

Die Gewerkschaften leben von den Stammbelegschaften, die vollzeitbeschäftigt sind, im Schnitt ein Prozent ihres Bruttoeinkommens als Mitgliedsbeitrag abführen und als Basis für anständige Tariferhöhungen auch schon mal auf die Straße gehen und krakeelen. Die prekär Beschäftigten waren bislang auch aus Perspektive der Gewerkschaften eine Randerscheinung. Das ändert sich, denn diese Randerscheinung drückt zunehmend Richtung Kern, betrifft also auch die klassische Klientel von IG Metall und Verdi. Der Druck auf die Arbeitsbedingungen, also Lohn und Arbeitszeit, Flexibilität und Jobsicherheit, wird größer, wenn immer mehr Billigkräfte eingesetzt werden – beispielsweise Leiharbeitnehmer. Derzeit sind 650 000 Personen hierzulande bei einer Zeitarbeitsfirma tätig, Tendenz steigend. Kaum eine Branche wächst schneller als die Vermieter von Arbeitskräften.

„Gute Arbeit gibt es nur für zwei Prozent der in Zeitarbeit Beschäftigten“, heißt es in dem Inifes-Bericht. Unter den unbefristet Beschäftigten beträgt der Anteil dagegen 13 Prozent. Und 56 Prozent der befragten Leihkräfte bezeichnet die eigene Arbeit als schlecht, bei den unbefristeten Arbeitnehmern beträgt dieser Anteil nur 34 Prozent. Auch deshalb holen die Gewerkschaften wieder die alte Forderung nach „equal pay“ aus der Schublade: Die Zeitarbeitnehmer sollen genauso bezahlt werden wie die Stammkräfte in jenem Betrieb, in dem sie eingesetzt werden. Verdi-Chef Frank Bsirske nimmt sich sogar die Franzosen zum Vorbild: Dort müsse für jede Leihkraft ein Risikozuschlag von zehn Prozent gezahlt werden, weil ja der Arbeitnehmer viel weniger geschützt sei als die festen Betriebsangehörigen. Ein Franzose, der von einer Zeitarbeitsfirma zum Beispiel an Renault verliehen wird, bekommt einen um zehn Prozent höheren Stundenlohn als der Kollege von Renault.

Trotz der erfreulichen Partnerschaft von Angela Merkel und Nicolas Sarkozy wird es dieses Modell bei uns wohl nicht geben. Aber vielleicht andere Maßnahmen, um den Missbrauch der Leiharbeit, wie Bsirske und Sommer sagen, zu erschweren. Zum Beispiel eine Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes. Denkbar sind zeitliche Befristungen für den Einsatz, wie es sie früher gab, aber von der rot-grünen Regierung abgeschafft wurden, oder auch eine Quotierung. Bei Daimler-Chrysler zum Beispiel haben IG Metall und Betriebsrat durchgesetzt, dass maximal vier Prozent der Belegschaft von Leihfirmen stammen dürfen. Bei Daimler ist die Gewerkschaft stark, in der überwiegenden Mehrheit der Betriebe aber nicht. Deshalb soll der Gesetzgeber helfen. Vor allem die SPD. Ein entsprechender Antrag für den anstehenden Parteitag ist in Arbeit.

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