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Politik: DGB warnt vor Rente mit 67

Engelen-Kefer: Betriebe blockieren Beschäftigung Älterer / Müntefering verspricht Lohnkostenzuschüsse

Berlin - Der Deutsche Gewerkschaftsbund hat SPD und Union davor gewarnt, das gesetzliche Renteneintrittsalter auf 67 Jahre zu erhöhen. „Wer das jetzt ankündigt, verbreitet in der Bevölkerung riesige Verunsicherung und schwächt dadurch die Binnenkonjunktur noch mehr“, sagte die DGB-Vizevorsitzende Ursula Engelen-Kefer dem Tagesspiegel. Auch in der SPD gibt es Unmut über die in den Koalitionsgesprächen erwogene Anhebung. SPD-Fraktionsvize Michael Müller sagte dem Tagesspiegel, die Unzufriedenheit sei spürbar. „Über die Rente mit 67 darf erst entschieden werden, wenn alles andere nicht mehr funktioniert.“

SPD-Chef Franz Müntefering kündigte an, die Anhebung des Rentenalters mit einem Beschäftigungsprogramm zu flankieren. „Wer einen älteren Arbeitslosen einstellt und nur niedrige Löhne zahlen kann, kann einen begrenzten Lohnkostenzuschuss erhalten“, sagte der designierte Arbeits- und Sozialminister der „Bild am Sonntag“. Auch müssten langjährige Beitragszahler früher in Rente gehen dürfen.

Programme zur Erhöhung der Erwerbsquote Älterer gibt es bereits. An der „regelrechten Blockade in den Betrieben bei der Einstellung und Weiterbeschäftigung Älterer“ hätten sie nichts geändert, so Engelen-Kefer. Angesichts der hohen Arbeitslosigkeit bedeute ein höheres Eintrittsalter „weitere Rentenminderung“. Wer nicht so lange arbeiten könne, müsse dann noch höhere Abschläge in Kauf nehmen.

Müller sagte, SPD wie Union befänden sich nun „in einer Situation, wo man wechselseitig Unzufriedenheitspotenziale aufbaut“. Dazu gehöre auch das Rententhema. Unionsfrakionsvize Wolfgang Bosbach sprach hingegen von guten Argumenten für ein höheres Renteneintrittsalter. Er fürchte nicht, dass es deshalb in der Union zu Unruhen komme.

Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner betonte, dass es noch keine Festlegung gebe. „Unser Ziel ist es, dass im Jahr 2010 rund 50 Prozent der Erwerbsfähigen im Alter von 55 bis 64 Jahren noch im Berufsleben stehen“, sagte er der „Welt am Sonntag“. Heute seien es 39 Prozent. Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt warnte jedoch vor der Annahme, diese Quote lasse sich mit Lohnsubventionen erhöhen. Es sei richtig, das Renteneintrittsalter zu erhöhen, sagte er der „Leipziger Volkszeitung“. „Aber es wäre widersinnig, damit zugleich neue Subventionstatbestände zu schaffen.“

Streit könnte es auch um den Bundeszuschuss zur Rentenversicherung geben. Haushaltsexperten von SPD und Union wollten die Überweisungen von rund 80 Milliarden Euro spürbar senken, berichtete das Magazin „Focus“. Im Gegenzug solle der Eigenanteil der Rentner an den Krankenkassenbeiträgen von 53 Prozent stufenweise auf 80 Prozent steigen. Faktisch wäre dies eine Rentenkürzung um fast vier Prozent. Der DGB fordert das Gegenteil: höhere Bundeszuschüsse. „Solange die Politik nicht-sozialversicherungspflichtige Beschäftigung fördert, muss sie auch bereit sein, die Löcher in der Sozialversicherung zu stopfen“, sagte Engelen-Kefer. Durch geringfügige Beschäftigung gingen den Systemen pro Jahr 1,3 Milliarden Euro verloren. Hinzu kämen Ein-Euro-Jobs und Ich-AGs. Zudem müsse die „gravierende Ungerechtigkeit“ beseitigt werden, dass die deutsche Einheit mit Milliardenbeträgen aus der Sozialversicherung mitfinanziert werde.

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