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Politik: Die Angst der Mullahs

Irans Machthaber fürchten einen US-freundlichen Irak

Bunte Lampions hüllen Teheran in eine festliche Atmosphäre. Iran feiert den 24. Geburtstag des Sieges über den Schah. Noch mehr Bilder als sonst erinnern an Revolutionsführer Ayatollah Chomeini. Sie demonstrieren die Entschlossenheit der islamischen Konservativen, an seiner Theokratie kompromisslos festzuhalten. Doch auch wenn hier von Kriegsangst nichts zu spüren ist – das Schicksal des einstigen Kriegsgegners Irak lässt die Menschen in den Straßen Teherans keineswegs gleichgültig.

,,Kein anderes Land, ausser dem Irak, hat so schwer gelitten unter Saddam Hussein wie der Iran“, meint ein Teheraner Intellektueller. Er erinnert an die fast eine Million Toten des vom Irak begonnenen Krieges von 1980 bis 1988. Dennoch ,,oder vielleicht gerade weil wir solch großes Leid erfuhren, sind die meisten Menschen hier entschieden gegen einen Krieg, auch wenn sie den Untergang Saddams begrüßen würden.“

Kommt es zum Krieg, rechnet Iran mit bis zu 900 000 Flüchtlingen. ,,Iran hat sich in Flüchtlingsfragen stets sehr großzügig gezeigt“, würdigt Laura Omani vom UN-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) in Teheran. Schon jetzt beherbergt Iran mit 2,5 Millionen Menschen „die größte Flüchtlingsbevölkerung der Welt“, betont Omani. Rund 200 000 Iraker sind darunter, von denen viele bereits seit drei Jahrzehnten hier leben. Angesichts der eigenen sozialen Probleme werden die Flüchtlinge zu einer kaum noch zu verkraftenden Last – auch weil Iran kaum internationale Unterstützung erhält.

Doch Flüchtlingsszenarien schrecken Irans Machthaber weniger als ein US-freundlicher Nachkriegs-Irak mit religiöser Freiheit. Als Folge der Aufstände von 1991 ließ Saddam die geistliche Führung der irakischen Schiiten ermorden, das iranische Qom wurde zum geistigen Zentrum. Doch nach einem Sturz Saddams würden viele Geistliche nach Najaf und Kerbala im Irak zurückkehren, zu den heiligsten Stätten der Schiiten. Von dort aus könnten sie, wie einst Chomeini, in völliger Freiheit das Regime und die theologischen Lehren kritisieren, die der Islamischen Republik zugrunde liegen. Sie könnten Irans Erzkonservative in Bedrängnis bringen.

Diese Aussichten geben vielen Iranern Hoffnung auf mehr Freiheit. „Der Reformprozess Chatamis ist de facto gescheitert“, sagt Savoud Hermidas Bavand von der Teheraner Imam Sadeq Universität. ,,Wir stecken in einer Sackgasse. Druck von aussen könnte Iran eine neue Chance geben.“

Birgit Cerha[Teheran]

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