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Politik: Die Arbeitnehmervereinigung in der Union will die Misere der Partei zur eigenen Profilierung nutzen

Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) sieht in der Krise der CDU eine Chance - und zwar auch für sich selbst. "Die CDU darf den Anspruch, die Partei der Arbeitnehmer zu sein, nicht der SPD als Beute überlassen", gab der stellvertretende CDA-Vorsitzende, Hermann-Josef Arentz, am Dienstag als Parole aus.

Von Robert Birnbaum

Die Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft (CDA) sieht in der Krise der CDU eine Chance - und zwar auch für sich selbst. "Die CDU darf den Anspruch, die Partei der Arbeitnehmer zu sein, nicht der SPD als Beute überlassen", gab der stellvertretende CDA-Vorsitzende, Hermann-Josef Arentz, am Dienstag als Parole aus.

Das Thema "Soziale Gerechtigkeit" müsse im Gesamtprofil der CDU eine zentrale Rolle spielen. Denn es gehöre zum "Markenkern" einer Partei, die den Sozialstaat als ihr Kind betrachte - und zwar nicht als illegitimes. Der Weg zur nächsten Schlussfolgerung ist für Arentz kurz: "Nur mit uns Christlich-Sozialen behält die CDU ihr politisches Gesicht als große christlich-demokratische Volkspartei der Mitte."

Die Krise der CDA ist älter als die der CDU, und sie hat etwas mit einem Gesicht zu tun: Dem von Norbert Blüm. Schon seit der sich aus der CDA-Führung zurückgezogen hat, haben die einstigen Sozialausschüsse in der Partei an Gewicht verloren. Doch nicht nur diese Personalie hat den Einfluss der einst mächtigen Vereinigung geschmälert. Auch das Programm, für das Blüm stand, geriet in die Defensive: Als "Herz-Jesu-Sozialisten" verspottet, sehen sich die Sozialpolitiker in der Union - wie in allen anderen Parteien - in Rechtfertigungszwang. Nur Blüms enger Draht zum Kanzler Helmut Kohl sicherte dieser Fraktion weiterhin starken Einfluß.

Aber Kohl ist nicht mehr Kanzler, und Blüm verabschiedet sich beim Essener Parteitag aus der CDU-Führung. Wofür die künftige CDU-Chefin Angela Merkel sozialpolitisch steht, weiß niemand so genau. Der neue CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz indes machte mit seiner jüngsten Bemerkung, die Menschen würden künftig eher mit 70 in Rente gehen als vorher, seinem Ruf als Wirtschaftsliberaler alle Ehre. Arentz fand das denn auch erkennbar wenig witzig, mochte aber nicht sofort in die Tat umsetzen, was er zur Erneuerung der CDU doch dringlich angemahnt hat: Mehr Streit um den richtigen Weg. Er gab nur zu Protokoll, das Problem sei derzeit angesichts eines realen durchschnittlichen Ruhestandsalters von unter 60 Jahren noch recht weit weg.

Arentz ist sich aber bewusst, von welcher Gefahr er redet, wenn er von der CDA sagt: "Wir sind nicht nur der sozialpolitische Lazarettwagen." Genau in diese Rolle droht die Vereinigung zu geraten, die mit derzeit rund 28 000 Mitgliedern zwar immer noch einen relativ großen Ausschnitt der 640 000 CDU-Mitglieder in ihren Reihen vereint, aber seit Jahren unter Mitgliederschwund leidet. Arentz will - mit tätiger Hilfe Blüms und anderer Größen des mächtigen Landesverbands Nordrhein-Westfalen - dazu beitragen, wenigstens das jetzige Gewicht der CDA zu erhalten.

Der 47-jährige Arentz selbst, zurzeit als Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen ziemlich weit von der Berliner Politik entfernt, will sich ins CDU-Präsidium wählen lassen. Der derzeitige CDA-Chef Rainer Eppelmann tritt für ihn ins zweite Glied, den CDU-Vorstand, zurück. Damit sind die Weichen endgültig dafür gestellt, dass Arentz im Jahr 2001 Eppelmann auch an der CDA-Spitze beerbt.

Freilich gibt es auch andere, die in der CDU wie in der Union insgesamt für sich die Wortführerschaft des Sozialflügels reklamieren. Wenn der Saar-Ministerpräsident Peter Müller für das CDU-Präsidiums kandidiert - endgültig entschieden hat er sich noch nicht -, dann ausdrücklich als Christlich-Sozialer. Und in der Unionsfraktion stammt der starke Mann in Sachen Sozialpolitik aus Bayern: Horst Seehofer, Ex-Gesundheitsminister, Fraktionsvize für Sozial- und Gesundheitspolitik und bald Chef der CDA-Schwesterorganisation CSA.

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