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Politik: Die Aussichten: heiß und nass

Forscher beschreiben, welche Auswirkungen der Klimawandel für Deutschland haben wird

Berlin - 2000 Klimaforscher aus aller Welt haben Daten und Szenarien zusammengetragen. Von Montag an bis Freitag werden etwa 120 Regierungsvertreter aus aller Welt in Brüssel darüber beraten, ob sie dem Bericht des Weltklimarats (IPCC) über die Auswirkungen des Klimawandels, die Gefährdung und mögliche Anpassungsstrategien an die Erwärmung zustimmen können. Am Freitag wird der zweite Teil des IPCC-Berichts dann veröffentlicht.

Wolfgang Cramer vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) hat an dem Bericht mitgeschrieben. Gemeinsam mit einem Kollegen aus Indonesien hat er alle Informationen über die Auswirkungen des Klimawandels auf Ökosysteme zusammengetragen. Außerdem verantwortet er gemeinsam mit einem Kollegen aus Indien die technische Zusammenfassung des Berichts, eine Art Qualitätskontrolle für den Gesamtbericht.

Cramer hat im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) auch die Auswirkungen des Klimawandels auf Deutschland untersucht und darüber nachgedacht, wie sich das Land darauf vorbereiten kann. Inzwischen liegen mehrere Studien des UBA zu dem Thema vor. Der Tenor aller Studien ist: Es wird bis 2100 mehr heiße und weniger Frosttage geben – unabhängig davon, ob es gelingt, den Ausstoß von Treibhausgasen weltweit bis 2050 mindestens zu halbieren. Das wäre notwendig, um den erwarteten Anstieg der Durchschnittstemperaturen auf zwei Grad im Vergleich zum Beginn der Industrialisierung zu begrenzen. Jenseits dieser Grenze halten die meisten Klimaforscher die Risiken für nicht mehr beherrschbar.

Im Nordosten, das betrifft vor allem Brandenburg, dürfte es noch häufiger zu Waldbränden und Dürren kommen, das Land versteppt. Im Sommer werden die Niederschläge ab, im Winter zunehmen. In ganz Deutschland steigt das Risiko „extremer Wetterereignisse“. Damit sind vor allem Überschwemmungen gemeint, aber auch schwere Stürme oder Hitzewellen wie im Sommer 2003. Wie teuer das kommen kann, zeigt ein Blick in die jüngere Vergangenheit. In den vergangenen zehn Jahren beliefen sich die Schäden durch große Hochwasser in Bayern 1999 und 2005, an der Elbe 2002, an der Oder 1997, am Rhein und seinen Zuflüssen 1993 und 1995 auf 13 Milliarden Euro. Hitze und Dürre verursachten im gleichen Zeitraum Schäden von etwa einer Milliarde Euro. Und durch die Stürme Vivian, Wiebke, Lothar und Martin entstanden Kosten von etwa 2,5 Milliarden Euro. Der jüngste, Kyrill, ist da noch gar nicht eingerechnet. Deutschland sollte sich nach Ansicht des UBA beizeiten auf die veränderte Lage einstellen. Neben den Auswirkungen der Hitze dürften vor allem Infektionskrankheiten wie etwa die durch Zecken übertragene Hirnhautentzündung bis hin zu Malaria sich nach Norden ausbreiten. Darauf müsse das Gesundheitssystem vorbereitet sein.

Wolfgang Cramer sieht aber noch ganz andere Gefahren. Wenn Städte wie Jakarta, die Hauptstadt Indonesiens, durch steigende Meeresspiegel bedroht werden, „hat das auch wirtschaftliche Auswirkungen auf Deutschland“. Zum einen ist Indonesien ein nicht ganz unwichtiger Handelspartner. Fällt er infolge von Naturkatastrophen immer öfter teilweise oder ganz aus, müssen sich Exportunternehmen nach anderen Märkten umsehen – falls es die dann noch gibt. Außerdem wird Deutschland in irgendeiner Weise auch für die Beseitigung von Schäden bezahlen (müssen) – nach dem Tsunami im Indischen Ozean hat sich das gezeigt, auch wenn diese Katastrophe nichts mit dem Klimawandel zu tun hatte. Außerdem muss sich Deutschland darauf einstellen, dass Klimaflüchtlinge es auch bis nach Europa schaffen werden. Nach den Szenarien der Klimaforscher sind Küstenstädte weltweit gefährdet, wenn der Meeresspiegel weiter steigt. Die Opfer werden sich wohl kaum aufhalten lassen.

Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht aber auch deutsche Küstenstädte wie etwa Hamburg oder Rostock. Cramer weiß, dass es extrem unpopulär ist, darüber zu sprechen, dass zumindest Teile dieser Städte auf lange Sicht aufgegeben werden müssen. „Aber genau diese Diskussionen werden wir bekommen“, sagt er. In den Niederlanden betrifft das sogar Millionen von Menschen, weil das halbe Land schon heute unter dem Meeresspiegel liegt. Je nachdem, um wie viel er ansteigt, ist es irgendwann keine Kostenfrage mehr, ob man sich dagegen schützen kann, sondern es ist „technisch einfach nicht mehr machbar“, sagt Cramer.

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